Full text: Die Baumeisterin Pallas/ Oder Der in Teutschland erstandene Palladius, Das ist: Des vortrefflich-Italiänischen Baumeisters Andreae Palladii Zwey Bücher Von der Bau-Kunst : Deren Erstes I. Von denen Materialien/ die zu dem Bauen insgemein gehören ... Das Zweyte tractiret I. Von denen Zierrathen der gemeinen Gebäue ... / Ins Teutsche nach dem Italiänischen übersetzet/ Mit ... dazu gehörigen Figuren erbaulich ausgerüstet/ und Zum erstenmal an den Tag gegeben/ Durch Georg Andreas Böcklern/ Archit. & Ingenieur

beschreiben /.was das Wort Ordnung bey den Bautneistern bedeute 7 wiewol es eine Nothwendigkeit isif 
dasselbige xecht zu verstehen... ZPnter allen neuen Scribenten/ welche von der Drdnung derfünsf, Seyley 
geschrieben haben/ haf sich-niemand unterstanden/ derselben Definicion zu geben /. als Scamozzi » welcher 
im 1,-Cap.,seineszweyten, Theils am 2..Blat/ Lin. 42, sagt: „„Daßes eine sonderbare Art der Vörtressy 
lichfeitseye/welche die Zierlichkeit und Schönheit/so wolgeistlicher als weltlicher Göchäyte vermnehre Aer 
meines Erachtens häfteer besser gethan/wannereben sowol/als andre darpon geschwiegen hätte/als daßer.in 
solchen weitläufftigen Terminis geblieben /undmitso schwachem« IE gerede haf... 3055 
Der Vakter Vitruvius,nennet es eine Stellung/ welches Wortheutiges Tages bey den. Mahlery/ 
sehr gebräuchlichist / wann sie eine künstliche Zusammensetzung einet. Tafel /;oder Austheilung der Bildä 
einer Historiandeufen wollen/so fagen sie/dieses.ist wolgesiellet: leichwal ird die Meinung der. Baute 
ster noch nicht scharff genug ausgedrucket, 7 Jndeme,Vicnavius sich Br uns die Sache besser aus 
legen/ seket er hinzu/ es seye eine'Bequemlichfeit/ und. richtschnurliche Austheilung/ der. Theil desganbä 
Wercksinsonderheit; Auch eine Vergleicl (ng. der gangen Proportion mitder Symmerria, Vielleich 
wirdein andererklügerer und Fp unigerer Mensch/alsich bin/dasGeheimnuß diesenWorxt/die ich micht 
versiehe/ &rgründen/darum habeich fie also nur nach dem lateinischen Text/ von Wort zu Wort verdolmiß 
schet/anhero seben wollen/selvige denen. destorbesser und unverdeckt vorzutragen / „welche. einigen Nuken dan 
aus zu schöpffen vermeinen. . Daniel. :Barbaro/ welcher uns über diesen Author zwey herrliche Commen» 
taria hinferlassen/haf sich sehr bemühet/ diesen Spruch:zwerklären/welcher gleichwol nochzeßtnd unklar gs 
nugist, Philander über eben dieses Capitel haf gar nichts darvon vermelden wollen/ sondern sich lieber al 
anderenicht so nothwendige Dingegehalfen... > =. IEEE u 
Wer derohalben fich aus diesem Jrrgarten auswickeln will / dermuyß zu dem Stückwer> kommen] 
und einjedes Theilabsonderlich bekrachten/auf daß solches die Einbildung recht berühre/und die Abbildung 
desto besser würcke / welches wir billig suchen: sollen > /Datn-die Baukunst bestehe nicht in Worten/ sot 
dernineiner sichtbaren und handgreifflichen Demonstration und Beweiß. Es müssen alle Kunstverstä 
dige'gestehen/ daß das vornehmste Zi eines Stücks die Seulesey/und wann-das Earableinenr(das iss 
Abäcus oder die obere Blatte einer Setle ) auf das Cäpitälgeseßet wird/so ist es die Zusammenftzungds 
gangen Stücks, Wohlen wir alsdfim dässelbige schätffäcuniren öder aussprechen / und derselben Vers 
ständnußrecht an den Daggeben/so müssen wir dieselbige gleichsam anafomiren und sagen! daß die Seuls 
mit ihrerBalis(Fuß)Capitälund einer Archirrav gefrönet/ sämtder Cornice ( Kärnis ) ein solches Ge 
bäu mache/ welches man DOrdrezu nennen pfleget/dieweilesin der Ordnung. allenfünft Seulen zu finden 
ist: der Uinferscheid aber alleinin der Proportion der:Theilen/ undin der Gestalt der Capitälen bestehe. - 
Sie haben zwar auch noch etliche sonderbare Zierlichkeifken, Als die Dorica haf Triglyphos,diese 
seyndgleichsam die Köpff der Balcken des Tram- Wercks der Böden. Die Jonica haf Denriculos, sv 
man Kälber/Zähn nennet/und die Corinthia, die Modiglion oder Krag- Steine an dem FHDauptgesims? 
aber daranist man. so sehr nicht gebunden / daß nicht die Alten / dieselbigen. sehr. offt. ausgelassen. hättenz 
Oann die Zierrathen seynd nur Accidenrälien inder Ordnung/ und werden auf verschiedene Weise darins 
nengebrauchet/ sonderlich in der Corinthischen/bey welcher/ wann ein Baumeister/eine weibliche oderjun 
fräulicheSchönheit bilden will (wie wir aus dem abnehmen können/was Virruvius im 1.C. seines 4. Buchs 
von Calirnaco sagte) so muß er nicht unterlassen/-was die Schönheit des Wercks vermehren kan/ 388 
Haben uns auch die Alten so viel Exernpel hinterlassen"? mit so viel Zierrathen bekleidet/ daß es scheine? als 
hätten sie die Jmagination oderSinbildung erschöpfen wollen/diese Meisterstücke der Archicetur damit zu 
überhäuffen.; Mit den andern aber ist'es anderst bewandt 3 Deren Schönheit ekwas.männlicher sey | 
solle/sonderlichaber die Dorica,deren Solidifätdenzärflichen Zierrathen widersiehet/:undin der einfälfigen 
Regularifät ihrer Proportionen weit herrlicher erscheinet ; ( Sträusse und Blumen-Cränße stehen dent 
Herculi nicht wol an/ eine ungehobelte Keulezieretihn viel besser/), sintemalvielerley Schönheiten seynd/ 
und darzu so widerwärtig unterscheiden/daß offt was dem einen geziamet/ dem andern entgegen ist. Was 
die J001ca anbelanget/so hält dieselbige die Mittelstelle und Wage zwischen der3091idifät der Dorica und der 
Lieblichkeit der Corinrhia 3. Derowegen befindet sich auch dieselbige auf verschiedene Weise / in den alten 
Göebäuen ; Bisweilen ziemlich gezierer/ bisweilen gans schlecht/ nach dem Gutdünc>en des Baumeisters/ 
oÖder Gestalt des Gebäues. 
Also siehetman daß diese drey Ordnungen genugsam seyen zu allerhand Gebäuen? ohne Noth der Tu- 
»„scanaund Composita zu gebrauchen/welche beyde ich mit Fleiß aufdie Letteabgesonderthabe; Dann die 
»-Hertlichfeit und Vollkommenheit einer Kunstbestehet nicht in der Menge der Principien / im Gegen» 
eheil die Allereinfälkigsten und die in geringer Anzahl machen sie verwunderlicher. Welches wir auch it 
der Geometria gewahr werden/die doch dasFundamenk und die Schaß-Kammer aller Künstean sich selber 
ist/ undaus denendiese Kunsterzogen worden/ und ohnedie/ dieselbige nimmehr bestehen kan. Sokönnen wir 
dann wol schliessen/ daß weil die Ordnungen nur die Elementen der ArchireQur sind/und dieweilin dieset 
dreyerleyen/die wir von'den Griechen bekommen haben/alle Arken der Gebäu befindlich/ so seyees ohz 
ne Iofh deroselben Anzahl zu vermehren. 
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