Full text: Das Königliche Katharinenstift zu Stuttgart

Seite mit einem edlen Fürstenpaare zu thun, das sich über das 
Aeussere des Menschen hinwegzusetzen und das festzuhalten 
verstand, was aus seinem Innern floss; auf der andern Seite mit 
zwei Jungen, fähigen und sehr liebenswürdigen Prinzen, von denen 
der eine sieben, der andere fünf Jahre alt war, Dabei war ihr 
Instruktor, der nachherige Hofrat Kieser, ein tüchtiger Pädagog 
und bald mein treuester Freund; auch hatte ich Zeit genug und 
fortwährend vielfältige Gelegenheit, an meiner eigenen Bildung 
zu arbeiten — und der Herr gab seinen Segen dazu, es ging 
gut. Besonders aber ging es auch deshalb gut, weil sowohl 
Seine Majestät der König wie auch Ihre Majestät die Königin 
tagtäglich die schriftlichen Zeugnisse ihrer durchlauchtigen Söhne 
nachsahen und überhaupt einen sehr ernsten und würdigen Be- 
griff von der Erziehung hatten und hiemit die Lehrer und Er- 
zieher kräftig unterstützten und ihnen zugleich die gehörige Frei- 
heit liessen. — Bei der Annahme meiner Stelle als Lehrer der 
Prinzen wurde meinem Wunsche, dass ich diesen nicht ganz 
allein, sondern mit einigen Kameraden Unterricht erteilen dürfe, 
gewillfahrt, und das war für mich von grossem Wert. Ich hatte 
dadurch in der Gymnastik eine kleine Klasse von 8—9 Schülern, 
im Rechnen, Zeichnen, Schreiben und in der Formenlehre in den 
zwei ersten Jahren beständig 4—5 Schüler und damit viel Wett- 
eifer.“ 
Weniger befriedigt spricht sich Ramsauer über seine Schule 
aus, das Oelschlägersche „Institut“, das grösstenteils von Kindern 
aus den ersten Familien der Stadt besucht war und am 18. April 
1817 „provisorisch zur Staatsanstalt“ erhoben wurde. Er sagt 
darüber: „Meine eigene Schule, die drei Knaben- und drei 
Mädchenklassen hatte, befriedigte mich nicht ganz, obwohl sie 
viel Gutes hätte stiften können, da sie unmittelbar unter der 
Protektion Ihrer Majestät der Königin stand. Sie hatte zu viele 
und zu verschiedene Lehrer, war beinahe ein Jahr ohne Vor- 
steher gewesen, und ich als solcher zu jung, oder vielmehr in 
manchem Wesentlichen und Unwesentlichen zu unerfahren und 
dabei von manchem scheel angesehen. Es kann nicht leicht ein 
Lehrer und Vorsteher einer bedeutenden Anstalt, wie diese war, 
unberatener dieselbe antreten, als dieses bei mir der Fall war. 
Ich hatte und kannte keinen Menschen, der mir in irgend etwas 
geholfen oder geraten hätte, Kieser ausgenommen, der es aber 
wegen überhäufter Geschäfte und weil er auch noch neu in seiner 
Stellung und in derselben mit ebensoviel Neid angeschen war
	        

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