Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

wäre. Unter seine Füße taten sie zwei Bündel Reisig und um seinen satzung begann, dem heftigen Anprall zu weichen. Da eilte Prolop 
Körper viel Holz, Stroh und Reisig bis an den Hals. Bald zündeten von Zesyma herbei und trieb de vermeinten Sieger gleich gFuen 
die Henker das Feuer an, und Hus sang: Christe, du Sohn Gottes, Rudel scheuer Schafe vor sich ber“; doch plötzlich traf ihu ein Pfell, 
erbarme dich meiner!' Als er aber dasselbe zum drittenmal betete, und tot sank er auf seinen Schild. Schon erscholl wilder Jubel— 
benahm ihm die Lohe die Sprache, 
und er verschied. Seine Asche aber 
ward in den Rhein gestreut.“ 
Michter, a. a. O.) 
An dem Scheiterhaufen von 
Konstanz entzündete sich bald ein 
blutiger Krieg. Die Anhänger des 
Hus hatte sein Schicksal und der 
Wortbruch Sigismunds furchtbar 
erbittert. Als dieser darum im 
Jahre 1419 Böhmen als Erbe des 
kinderlos verstorbenen Wenzel in 
Besitz nehmen wollte und den Ge— 
danken kundgab, die böhmischen 
Ketzer mit Krieg zu überziehen, ja 
sogar einen päpstlichen Aufruf zum 
Kreuzzug aller Christen gegen die 
Husiten erwirkte, da griffen diese zu 
den Waffen. Unter ihren Führern 
Ziska und Prokop schlugen sie 
alle heranrückenden Reichs- oder 
Kreuzheere und drangen auch unter 
schrecklichen Verwüstungen in die 
Nachbarländer ein. Wohl war der 
Kampf in erster Linie ein religiöser; 
sie weihten sich z. B. zur Schlacht 
durch den Genuß des heiligen Abend— 
mahles mit Brot und Wein ssiehe 
Bild S. 97); doch kamen in ihm 
auch die Gegensätze zwischen Tsche— 
chen- und Deutschtum zum Aus— 
druck, zwischen den deutschen Bür— 
gern der Städte und den tsche 
chischen Besitzlosen, den deutschen 
Großgrundherren und den tsche— 
chischen Bauern. Bis zum Jahre 
1436 dauerte diese religiöse und 
nationale Bewegung, in ihren Be— 
gleiterscheinungen eine der furcht— 
barsten, die Europa jemals ge— 
schaut hat. Die Husiten erhielten 
endlich den Kelch beim Abend— 
mahl zugestanden, wonach sie vor 
allem gestrebt hatten. 
Doch auch als das wilde Trei— 
ben zu Ende war, erzühlte man noch 
lange von den Blut- und Helden— 
taten der Husiten. Kein Wunder, 
daß sich allmählich ein Kranz von 
Sagen um sie wand. Eine beson— 
ders dramatische knüpft sich an das 
Geschlecht der Herren von Rosen— 
berg und an den Husiteuführer 
Prokop den Großen. Dieser hatte 
den Rosenbergen unversöhnliche 
Rache geschworen. Darum ließ 
er ihre Besitzungen weit und breit 
ausplündern und zog mit seinem 
Haufen vor ihre feste Burg Kame— 
nitz, wohin sich Prokop von Zesyma— 
Rosenberg mit seinen Kindern geworfen hatte. Doch vergebens wurde 
das Felsennest mit Steinwurfmaschinen und Donnerbüchsen beschossen; 
es gelang nur, die Außenwerke zu zerstören. Freilich, früher oder 
später mußten die Belagerten doch wohl der Übermacht erliegen. 
Nach einer finstern Nacht suchte „der entsetzliche Prokop mit herab— 
hüngendem Knebelbart und kleinen glutsprühenden Augen“ den ver 
haßten Burgherrn zum letzten Streit. Und wirklich, die ermüdete Be 
lunes von Zesyma-Rosenberg übergibt die väterliche Burg dem 
hrei der Feinde, schon wollte der Mut der Besatzung brechen, da 
rrschien Agnes, des Toten älteste Tochter, wie eine Heldin mit 
ehelmtem Haupt, von dem die goldenen Locken um Halsschiene und 
zrustharnisch wallten. Ihr Anblick wirkte begeisternd, und noch einmal 
gelang es dem zusammengeschmolzenen Häuflein, die Husiten zurück— 
zuschlagen. Von jetzt ab übernahm Agnes die Verteidigung der väter— 
ichen Burg, und noch manchen Sturm wußte sie abzuwehren. Doch 
— 
RX 
wurde ihre Lage immer verzweifelter, ihr Häuflein Getreuer immer! wohin es ihr beliebe. Dieses Anerbieten wurde gern angenommen 
verzagter. Aber auch die Husitenkrieger waren des fruchtlosen Kampfes Am Morgen des nächsten Tages versammelte Prokop seine Mannen 
müde; sie wollten lieber wie ihre Glaubensbrüder siegreich umherschweisfen vor dem Burgtore. Er selbst, „der Mann des Schreckens und des 
und Beute machen. Darum murrten sie wider ihren Feldherrn. „Wir, Zieges“, harrte in düsterer Neugier, umflattert von seinen Fahnen. 
Da öffnete sich das Tor, der wilde 
Lüärm der Sieger verstummte, und 
iber die Brücke schritt feierlich ein 
ernster Zug ssiehe nebenstehendes 
Bildd. Agnes von Rosenberg im 
Trauergewand reitet vordem SZarge, 
in dem ihr Vater ruht. Der älteste 
Vasall ihres Hauses, eine kraft— 
nolle, finster entschlossene Gestalt, 
ührt Hynek, den einzigen männ— 
ichen ZSproß des Toten. Die übrigen 
Mannuen, die mit gesenkten Waffen 
ind leidvollen Mienen daherschrei— 
en, teilweise verwundet und schwach, 
imgeben ihre Herrin. Prokop zieht 
einen Helm, der Sieger ehrt den 
oten Feind. 
Kämpfe 
der Teilgewalten unter 
Friedrich III. 
8 die lange Regierung Fried— 
A richs III., eines Habsburgers, 
der von 1440 — 14033 den deutschen 
Thron inne hatte, brachte dem Reiche 
nicht den ersehnten Frieden, son— 
dern war wieder eine Zeit blutiger 
Fehden, bitterer Rechtlosigkeit und 
Hewalttat, die besonders schwer 
uuf den unglücklichen Bürgern und 
Zauern lastete; denn der schwache 
uind phlegmatische Kaiser zeigte sich 
zurchaus unfähig, dem trostlosen 
Zustande ein Ende zu bereiten. — 
In Thüringen und Sachsen kam 
s zu dem verderblichen Bruder— 
rieg, der 1446-1450 von Kur— 
ürst Friedrich dem Sanft— 
nütigen wegen Erbteilung gegen 
Herzog Wilhelm den Tapfe— 
ren geführt wurde. Er hatte neben 
unsäglichem Elend auch den so— 
genannten Prinzenraub durch Ritter 
KRunz von Kaufungen zur 
Folge. Dieser erhielt von Fried— 
rich als Entschüdigung für mancher— 
ei Verluste, die er während des 
drieges in Thüringen erlitten hatte, 
ewisse Güter in Meißen. Später 
ollte er dieselben wieder heraus— 
iseben, da ihm inzwischen seine 
hüringischen Besitzungen in stand 
jesetzt waren; aber er weigerte sich 
ind verlangte auch noch 2800) Gul-⸗ 
den für Kostenaufwände. Das 
Anerbieten des Kurfürsten, die An— 
gelegenheit durch Schiedsrichter ent— 
scheiden zu lassen, wies er schnöde 
zurück und schwur, sich an des Fürsten eigenem Fleisch und Blut zu 
rächen. Zu dem Zweck entführte er in der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1455 
vom Schlosse zu Altenburg die beiden Söhne Friedrichs, Ernst und 
Albrecht ssiehe Bild S. 100). Wie ihm das gelang, erfahren wir aus 
inem Schreiben des Kurfürsten „an unterschiedene Kur- und Fürsten des 
ANeichs, Kunz von Kaufungens böse Handlungen betreffend“. Da heißt 
»s: „Am Montag Abend um die elite Stunde in unserer Abwesenheit. 
Oherrn Prokop dem Großen. Nach einem Gemälde von W. Beckmuß 
denen reiche Städte und glänzende Burgen ohne Zahl die stolzen Häupte 
gebeugt, verlieren nun den Ruhm zahlloser Siege an einen elender 
Steinhaufen, an ein Weib. Pflicht ist es und Tugend, hier den Gehor 
am aufzukünden und heimzukehren!“ Da sah sich Prokop genötigt 
der tapferen Burgherrin folgende Bedingungen zur Übergabe zu stellen 
Agnes solle ihm die Schlüssel der Burg einhändigen und dafür mil 
hrer Besatzung, „an Ehren, Leben und Freiheit ungehindert“, ziehen,
	        
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