Der sächsische Prinzenraub. Nach einem Gemälde von G. Goldbera
da unsere lieben Söhne in ihrem Schlafgemach ruhten, stieg Kunz von
Kaufungen mit anderen seiner Genossen in unser Schloß Altenburg auf
Harleitern (Leitern aus Garleder und Holzsprossen), die an ein hohes
Fenster angebracht worden waren durch einen seiner Knechte, den er
im Abend zuvor, um anscheinend einen harmlosen Auftrag auszurichten,
ins Schloß geschickt hatte. Als er ins Schloß kam, brach er an einem
Fenster die Eisenstangen aus und legte kurze Holzleitern an dasselbe,
daß er bei seiner Flucht eilend hinwegkommen möchte. Als er nun auch
eine Genossen ins Schloß gebracht hatte, suchte er die Günge auf, die
er vorher erkundet hatte, eilte vor unserer lieben Söhne Schlafgemach
uind öffnete es durch seine Künste. Dann nahm er unsere Söhne aus
ihrer Ruhe, eilte mit ihnen zu seinen Reisigen, die auf ihn mit sechs—
unddreißig Rossen nahe bei unserem Schlosse warteten, und nahm seine
Flucht nach dem Lande Böhmen, so schnell er konnte.“ (Richter, a. a. O.)
— Doch bei einer Rast im Walde entsprang der jüngere Prinz, Albrecht,
seinem Räuber, und dieser selbst wurde von Köhlern dem Kurfürsten
als Gefangener eingebracht. Einige Tage darauf gelang es auch, den
ilteren, Ernst, seinen Entführern wieder abzujagen. Kunz und seine
Hesellen mußten ihre Freveltat mit dem Tode büßen.
Einige Jahre später wütete in Süddeutschland der sogenannte
Fürstenkrieg, aus dem unser Bild S. 101 eine Szene darstellt. Graf
Ulrich von Württemberg war im Jahre 1462 mit seinen Reisigen
in die gesegneten Pfälzer Lande eingefallen, um Pfalzgraf Friedrich zu
defehden. Korn und Wein wurden unter den Rosseshufen zerstampft,
Gehöfte und Dörfer eingeäschert, so daß der Feuerschein weithin leuchtete.
Ja, man begnügte sich nicht einmal mit den Verwüstungen, die das
Durchreiten der Felder mit sich brachte, sondern befestigte an den Pferden
lange Baumäste, damit die Halme gründlich zerbrochen und niedergedrückt
wurden. Der Anführer der reisigen Schar, über dem Württembergs
Banner flattert, beobachtet mit teuflischem Hohn sein Zerstörungswerk
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vraf Ulrich wurde jedoch auf diesem Zuge besiegt und gefangen. —
Etwa um dieselbe Zeit war im Süden des Reiches die Schweizer
Fidgenossenschaft eine erobernde Macht geworden. Herzog Sigmund,
ser Besitzer der benachbarten vorderösterreichischen Länder, suchte sich
hrer dadurch zu erwehren, daß er seine an die Schweiz grenzenden
'andschaften, z. B. Oberelsaß mit dem Sundgan, an Karl den Kühnen
jon Burgund verpfändete, um so die Schweizer mit ihm zu verfeinden.
darl, einer der reichsten und mächtigsten Fürsten seiner Zeit, hoffte
edoch, diese Gebiete dauernd zu gewinnen, und richtete sich demnach im
ẽUsaß ein; ging doch sein Streben sogar dahin, das alte Königreich
Zurgund wiederherzustellen; Sigmund sah sich also getäuscht. Bei
olcher Sachlage konnten Kämpfe und Verwicklungen nicht ausbleiben,
im so mehr, als sowohl die Schweizer wie auch Sigmund sich mit dem
nächtigsten Gegner Karls, König Ludwig XI. von Frankreich, ver—
»anden. Nachdem Karl im Jahre 1476 Lothringen erobert hatte, führte
er ein gewaltiges Heer gegen die Schweizer und nahm ihnen Granson
im Neuenburger See; er wurde aber bald darauf infolge von Nnord—
iung, in die seine Truppen beim Aufmarsch gerieten, geschlagen. Nach—
vem er sein Heer wieder geordnet und verstärkt hatte, belagerte er
Murten, das jedoch den hartnäckigsten Widerstand leistete. Bald gelang
s auch den heraurückenden Schweizern, die Verschanzungen der Bur—
zunder zu stürmen und diese teils zu verjagen oder zu erschlagen, teils
m See zu ertrünken. Nahezu die Hälfte des Belagerungsheeres, etwa
0000 Mann, ging verloren, und Karl selbst entrann dem Verderben
iur durch schnelle Flucht. (Siehe Bild S. 102-103.) Im Herbste
esselben Jahres zog er mit neuen Truppen vor Nancy, da ihm Loth—
ingen wieder entrissen worden war. Er belagerte die Stadt; aber
eiin eidgenössisches Heer brachte ihr Hilfe, und am 5. Januar 1477 fiel
pie blutige Entscheidung. Karls Heer erlag dem Ansturm der Schweizer,
ind er selbst verlor nach tapferem Kampfe das Leben. (Siehe Bild S. 104.)
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