Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

zer größte Teil der erhaltenen gehört dem Ende des 15. und Anfang feste Holzbänke hin und bereiteten mit den auf ihnen liegenden Iison 
des 16. Jahrhunderts an, zeigt also nicht den gotischen, sondern den den Bewohnern einen bequemen Sitz. Stühle und Sessel gab es 
Renaissancestil. Großer Raum war in dem ummauerten Stadtgebiet noch seltener. Die Tische waren aus starkem Hotz gefügt und daher 
nicht vorhanden, die Straßenseite war schmal, und so erklärt sich, daß nur schwer beweglich, so daß sie nicht wie im Rittersaal aufgehoben 
die meisten Gebände der Straße ihre Giebel— 
seite zuwenden. Die Fassaden zierten die 
Adeligen und die wappenführenden Bürger 
gern mit ihrem Wappenschild, und den Aus— 
blick auf die Straße gestatteten frei und 
luftig hervortretende Erker. Im 16. Jahr— 
hundert ward es auch Sitte, die Straßen— 
seite zu bemalen. So schmückte Hans Hol— 
bein der Jüngere das „Haus zum Tanz“ 
in Basel mit der Darstellung eines Bauern 
tanzes, so daß sein Zweck auch jedem des 
Lesens Unkundigen sofort offenbar war. 
Der malerische Eindruck der Häuser ward 
erhöht durch die reichgeschnitzten oder mit 
Eisenwerk beschlagenen Haustüren und die 
Butzenscheiben der großen Fenster. Noch 
im 13. Jahrhundert waren die Fenster offen; 
schloß man die Läden, so war das Zimmer 
dunkel. Erst im Laufe des 15. Jahrhun— 
derts erlernte man, dann aber rasch und 
bis zu großer Vollkommenheit, die Kunst 
der Verglasung. Freilich fiel durch die 
grünlichen, bald rund, sechseckig oder rau— 
tenförmig geschnittenen Scheiben, die durch 
Bleistreifen zusammengehalten wurden, doch 
nur ein spärliches Licht. Die neue Kunst 
war allgemein so beliebt, daß die Berner 
Glaserordnung von 1501 erzählt, daß sich 
„schier iedermann hinder großen scheiben— 
venstern verberge und in gemalten venster 
allenthalb, besonders in kilchen, raths-, 
wirts-, trink-, bad- und scherstuben wolt 
sehen lassen“. In ärmeren Häusern freilich 
begnügte man sich mit geöltem oder ge— 
firnißtem Papier, Pergament oder Tier— 
blase. In den Prachtbauten waren die 
Wände der besseren Zimmer bis zur Bal— 
kendecke hinauf, die man mit Schnitzwerk 
oder Malereien verzierte, getäfelt. In den 
einfacheren Stuben begnügte man sich mit 
getünchten Wänden und belebte die ein— 
förmige Fläche höchstens durch einige mit 
Schablonen aufgemalte Wandteppiche ein— 
facher Muster; im besten Falle malte der 
Anstreicher einige Figuren oder Ornamente 
hinein; der Fußboden war nur selten ge— 
dielt, meist war noch der Estrichboden üblich, 
und dieser mußte zum Schutz gegen die Kälte 
mit Teppichen belegt werden. Wer aber 
recht reich war und die Kunst liebte, der 
gab für den Schmuck seines Zimmers an 
Künstler und Kunsthandwerker gar manchen 
Gulden aus, und daher klagt Geiler von 
Kaisersberg: „Es sein etliche, die lassen 
ihre Häuser außwendig und inwendig mit 
wunderbarlichen und seltzenen figuren mahlen 
und zieren; desgleichen machen sie schier ein 
halb zeughauß darauß, haben hin unnd 
wider an den wenden viel langer spieß, 
hackenbüchsen und schwerter hangen, alles 
allein zum bracht und hoffart.“ Zum Glück für Kunst und Kunst— 
handwerk erachteten die reichen Bürger nicht als Sünde, was ihnen 
als Sünde vorgeworfen ward. Trotz holzgetäfelter Wände und ver— 
glaster Fenster scheinen die Zimmer im Winter recht kalt gewesen zu 
ein, daher überall große Kamine und Ofen, zumal die Technik der 
Feuerungsanlagen noch in den Anfüngen war. Die Zimmer waren 
mit nur wenigen Möbeln ausgestattet. An den Wänden zogen sich 
vurden, sondern einen bestimmten Platz erhielten. Die großer 
Schränke, die Truhen und Kästen brachte man lieber auf dem geräu— 
nigen Hausflur, dem weiten Vorsaal oder in besonderen Kammern 
inter; die Sitte, die Wohnräume mit größeren oder kleineren, natürlich 
reichverzierten Schränken auszustatten, kam erst gegen Ende des 15. Jahr— 
sunderts auf; diese Schränke und die Bordbretter der Wände liebte die Haus— 
rau. mit allerhand Hausrat, Kannen, Krügen und Tellern, zu schmücken 
die 38 des Zimmers geschah durch Wandleuchter, die, sich in die neueren Straßen der heutigen Städte kennzeichnet, einen Garten 
Zapfen drehend, nach dem Gebrauche wieder dicht an die Wand zurück- denn der enge Raum der Stadt war fast vollständig als Wohnungs 
gelehnt werden konnten, und durch die Lichterkronen Kronleuchter, die boden ausgenutzt. Wer sich diese Freude dennoch bieten wollte, *8* 
son der Decke herabhingen. Auf ihre Herstellung hat die Kunst der sie gar teuer bezahlen; er schaffte sich durch Ankauf und Niederlegung 
eines kleinen Nachbarhauses oder benach— 
harter Hintergebäude den nötigen Raum und 
ichmückte ihn mit Blumen, Blattpflanzen 
und einem Springbrunnen ssiehe Bild S. 188. 
Doch wie oft waren Kosten und Mülhen 
umsonst; denn die hohen Nachbarhäuser und 
die engen Straßen wehrten Lust und Vicht 
den Weg. Praktischer und erfreulicher war 
s, vor den Toren oder in der Vorstadt 
inen Garten zu haben, in dem man sich 
in der wärmeren Jahreszeit erfreuen konnte. 
Und daher gehörte es zu den Merkmalen 
vohlhabender Städte, daß der ankommende 
Fremde erst an wohlgepflegten Gürten und 
schmucken Gartenhäuschen vorbeiwandern 
mußte, ehe er das Stadttor erreichte. 
Bei dem gotischen Kirchenbau der Städte 
erlangte auch während des 14. und 15. Jahr— 
hunderts die genossenschaftliche Organisation 
der Steinmetzen ihre volle Ausgestaltung, 
es war die sogenannte Bauhütte ssiehe 
Bild S. 189). Ursprünglich bedeutete die 
Bauhütte das neben der zu erbauenden 
Kirche befindliche Brettergebäude oder auch 
das im Schiff der werdenden Kirche benutzte 
Stück, wo die Steine bearbeitet wurden und 
wo die Steinmetzen ihre Versammlungen 
abhielten. Später bedeutete die Bauhütte 
die Organisation der Steinmetsbrüderschaft 
ielbst. Sie verfolgte drei Zwecke, einen 
religiös-sittlichen, einen technischen und einen 
wirtschaftlichen. Die Ordnungen sagen z. B.: 
„Wie die Meister und Werkleute der all— 
mächtige Gott gnädiglich begabt hat mit 
ihrer Kunst und Arbeit, Gotteshäuser und 
andere künstliche Werke löblich zu bauen 
und dadurch Leibesnahrung ehrlich zu ver— 
dienen, so wollen sie auch zur Dankbarkeit 
nach christlicher Sitte von Herzen bewegt 
werden, Gott zu dienen und dadurch ilyr 
Seelenheil zu erwerben. Wer Hüttenwerk 
unterschlägt oder sticht oder mordet, raubet 
und andere Unehre tut, oder sich mit bösen 
Frauen im Lande umführet, nicht beichtet 
und Gottes Wort nicht hält, der soll aus dem 
Handwerk verworfen und ewiglich verwiesen 
werden.“ Diese religiös-sittlichen Ziele er— 
reichte die Bauhütte vor allem durch die 
straffe Zucht, die die Meister gegen Lehr— 
linge und Gesellen übten. Jeder Meister 
durfte nur wenige Lehrlinge halten; nach 
fünfjähriger, gut vollbrachter Lehrzeit ward 
der Lehrling losgesprochen und durch die 
Bekanntmachung mit den Geheimnissen, Ord— 
rungen und Erkennungszeichen der Innung 
z. B. der Grußformel und des Häündedrucks) 
zum Gesellen befördert. Nun begann für 
ihn die Zeit des freien Lernens in fremden 
Hütten; er ergriff den Wanderstab und zog 
dahin, wo es zu arbeiten und zu lernen 
gab. Meister ward er durch ein Meisterstück, und nicht gering war, was 
die Innung verlangte; die Süulen, Kunstgewölbe, Spitzbogen, Strebe— 
pfeiler, Statuen und Wasserspeier der gotischen Dome erzählen das noch 
beredt genug. Auch die Meister wanderten dahin, wo es Arbeit gab, ja 
bis nach Ungarn, Polen und Spanien. Doch überall waren sie und 
hre Gesellen und Lehrlinge einer großen, länderumfassenden Bauhütte 
ugehöria, die ihren Gliedern in jeder Not, sei es Krankheit, Tod 
die Lehre. Nach dem Gemälde von F. Bayerlein. (Text S. 192) 
7Haàan 
Schmiede und Schlosser viel Fleiß verwendet und manches Meisterwerk 
geschaffen, besonders als man es, wie Albrecht Dürer, liebte, als Leuchter 
eingefaßte Geweihe von Hirschen, Rehen und Elentieren zu haben. Dic 
Kerzen fertigte man aus Talg, auch die reicheren Bürger benutzter 
Wachskerzen des hohen Preises wegen nur bei festlichen Gelegenheiten 
So reich auch die Häuser der vornehmen und wohlbegüterten Bürger 
rußen und innen ausgestattet waren, nur selten fand man daran, wa 
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