Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

Verfolgter Germane im Schutze des 
häuslichen Herdes 
verfolgt von den Sippengenossen seines Feindes. 
?Mas tat er? Er brach den Frieden. Die alten Deutschen schieden 
V scharf zwischen schwerem und gemeinem Friedebruch; schwer nannten! 
sie den Bruch des Hausfriedens, Beleidigung der Götter, 
Gräberraub, Landesverrat, Heeresflucht, Unzucht und 
Mord, gemein nannten sie Totschlag, Körperverletzung, 
Raub. Schweren Friedebruch sühnte der Priester, der 
Graf oder Herzog im Namen der Götter. Der Friede— 
brecher ward den Göttern geopfert, in den Sumpf 
geworfen oder geächtet. Der Richter setzte den Ge 
ächteten vom Frieden in den Unfrieden: er erlaubte 
jedermann seinen Leib und sein Leben, er gab sein 
Fleisch dem Tier im Walde preis, dem Vogel in der 
Luft und dem Fisch im Wasser, er machte sein Weib 
zur Witwe und seine Kinder zu Waisen und wies 
ihn hinaus in den wilden Wald. Dort durfte er 
hausen als Waldmensch und Waldspringer, als ein 
Genosse der Wölfe. Gemeinen Friedebruch sühnte 
die Sippe des Beschädigten, wenn möglich an dem 
Täter, wenn nicht, an irgend einem Gliede seiner 
Sippe. Und diese Rache oder Selbsthilfe war nicht 
gegen die öffentliche Rechtsordnung, sondern von 
dieser erlaubt, allerdings mit der Beschränkung, daß 
die vergeltende Wehetat nicht größer sei als die 
empfangene, daß genau nach dem Worte gehandelt 
werde: Wie du mir, so ich dir, und daß die Rache 
tat offenkundig sei. Nur an einem Orte war der 
Täter vor der feindlichen Sippe sicher, an seinem 
Herd. Der war ein Asyl, dort war er geborgen. 
Doch gar oft war die Rache mächtiger als die Regel 
des Rechts. Die feindlichen Sippen stürmten über 
die heilige Schwelle des Hauses, am Herdfeuer ent— 
brannte zorniger Männerkampf, der Verfolgte er— 
lag der Übermacht und brach vor Weib und Kind 
zusammen. So ward aus dem gemeinen ein schwerer 
Friedebruch, der schwere Sühne verlangte. — Die 
Sippe schützte ihre Genossen, der sippenlose Mann 
war schutzlos. Wehe daher dem heimatlosen, fremden 
Manne, wenn ihm kein Gastfreund den Willkom— 
mentrunk bot und ihn an den schützenden Herd führte 
und so für die Dauer des Aufenthaltes in seine Sippe 
aufnahm. Solch eine Szene bietet das nebenstehende 
Bild: Frithjof bei König Ring, aber nur 
nebenbei; der Maler will im Anschluß an die Dichtung 
Tegnérs etwas anderes darstellen: die Begegnung 
zweier Liebenden, die sich nicht angehören dürfen. 
Ingeborg war Frithjofs Braut. Aber sie mußte der 
Liebe entsagen und, um dem Bruder Krone und 
Reich zu retten, einem alten Mann, dem König Ring, 
die Hand zum unbeglückten Bunde reichen. Sie 
war ihm eine treue Gattin, seinen Kindern eine 
fürsorgende Mutter, aber ihr Herz verzehrte sich in 
Sehnsucht nach dem fernen Geliebten. Da kam er. 
„Beim Met saß Ring, der König, am Julfest hoch zu Tisch, 
Daneben seine Gattin, so hold und jugendfrisch. 
Wie Frühling und wie Herbstzeit, so sahen sie sich an, 
Das Weib der warme Frühling, der kühle Herbst der Mann. 
Da trat ein Unbekannter, ein Greis, zum Saal hinein, 
Vom Haupt bis zu den Füßen hüllt Bärenfell ihn ein. 
Man sah am Stabe schwankend und tief gebeugt ihn stehn, 
Und dennoch war er höher als alle anzusehn.“ 
Doch König Ring sah durch das Kleid, er gewahrte da einen 
Jüngling und sprach: 
„Laß die Verkleidung fallen und zeig dich, wie du bist, 
Denn nicht gedeiht der Frohsinn bei Falschheit und bei List.“ 
Da sinkt vom Haupt des Gastes das rauhe Bärenfell, 
Es ward der Greis zum Jüngling, so frisch und morgenhell. 
Von seiner hohen Stirne, um Schultern breit und kühn, 
Floß wie ein Strom von Golde die Lockenfülle hin. 
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—S 
— T 
Es hüllet ein die Glieder ein blaues Sammetkleid, 
Des Waldes Tiere schaute man auf dem Gürtel breit, 
Wo in getriebner Arbeit der Künstler sie gemacht, 
daß um den Leib des Helden ein Tier das andre jagt. 
Oes Ringes goldne Zierde saß um den Arm so reich, 
das Schlachtschwert an der Seite, gehemmtem Blitze gleich, 
das Aug' des Helden funkelt zum Königssitz empor, 
chön stand er da wie Baldur und hoch wie Asathor. 
Frithiof bei König Ring. RNach einem Gemälde von Ferd. 
dun färben rot die Wangen der Königin sich schnell, 
Vie Nordlicht rötlich malet den Schnee, so weiß und hell, 
Vie Wasserlilien schwanken im Sturme auf der See, 
zo hebt sich jetzt ihr Busen gleich Wogen in die Höh'. 
Das Horn ertönt, da schwiegen die Gäste allzumal, 
dreirs Eber trug man unter Gelübden in den Saal, 
die Schultern schmückten Kränze, im Mund ein Apfel steckt, 
ind auf der Silberschüssel liegt er die Knie gestreckt. 
ind König Ring erhob sich mit seinem Silberhaar, 
zerührt des Ebers Stirne, gelobend laut und klar: 
„Ich schlage Frithjof, ragt er auch hoch als Held empor, Sie schlägt die Augen nieder und reicht das Horn dem Gast, 
das walte Frei und Odin und auch der starke Thor!“ Es netzet Wein die Hand ihr, die zitternd es gesaßzt. 
Mit trotz'gem Lachen hob sich darauf der Fremde hoch, Wie zwischen rwesen Wlen des Abend⸗ Firpur gluͤht, 
kin Blitz des Heldenzornes sein Antlitz überflog, Also mit braunen Tropfen die Hand sich überzieht. 
Zchlug auf den Tisch die Klinge, daß es im Saale klang, Mit Freuden nahm der Fremdling das Horn von ihr geschwind. 
Und von den Eichenbänken auf jeder Kämpe sprang. dicht leerten es zwei Männer, wie jest die Männer sind, 
„So sag' ich denn, Herr König, auch mein Gelübde dir, Ddoch leicht und ohne Zögern, der Königin zur Ehr', 
ech kenne wohl den Frithiof, ist nah verwandt mit mir. zrank's der gewalt'ge Kämpe in einem Zuge leer. 
Das war eine schwere Stunde für die Lieben— 
den, schwerere kamen, aber sie harrten in Treue und 
Zucht aus; und traun, reiner Liebe ward der Lohn: 
tach König Rings Tod wurden die Liebenden vereint. 
Begraben und Verbrennen 
der Leichen. 
E war 782n. Chr Karl der Großse hielt mitten 
Sim Sachsenlande, an den Quellen der Lippe, 
einen Reichstag und gab den besiegten Sachsen ein 
Besetz, das ihnen unter Androhung von Todesstrafen 
und Geldbußen den christlichen Glauben aufzwang. 
Darin hieß es auch: Wenn einer den Körper eines 
Toten nach heidnischer Sitte verbrennt, der soll es 
nit dem Leben büßen. So erschienen in karolin— 
ischer Zeit Begraben und Verbrennen als gegensätz— 
iche Merkmale von Christentum und Heidentum. 
Allein das Begraben der Toten reicht neben dem 
Kerbrennen diesseit der Alpen weit über die christ— 
iche Zeitrechuung hinaus. Das Verbrennen der 
Leichen scheint von der Metallzeit an bei allen 
»eutschen Stämmen mit der Erdbestattung an gleichem 
Orte und gleicher Zeit stets Hand in Hand zu gehen. 
Wenn auch die älteren Sagen nur geringe Erinne— 
rung dieser Sitte bergen, so hat doch die Archäologie 
zis jetzt noch nicht die Motive dieses seltsamen 
Brauches der Gleichzeitigkeit beider For— 
nen feststellen können. Vollständig unerklärlich ist 
iber die besonders zur Hallstattzeit weit verbreitete 
Sitte des Teilbrandes. Nach der Dietrichsage 
önnte man vermuten, daß Leichenbrand das Vor— 
recht der Helden sei. Dagegen läßt die Sage den 
Alarich im Busento und den Westgotenkönig Theo— 
dorich auf den katalaunischen Schlachtfeldern unver— 
»rannt mit Streitroß und Waffen bestatten. Zur 
Zeit der Merowinger ist aber der Leichenbrand bei 
llen Weststämmen verschwunden. Childerich, der 
Zohn Merowechs, wurde ähnlich wie Alarich als 
Heide nach heidnischer Sitte mit seinen Waffen, seinem 
ztreitroß und königlichem Schmuck in sein Grab an 
»em Heerwege auf dem östlichen Ufer der Schelde 
zu Tornaeum beigesetzt. — Die Grabanlagen 
varen verschieden nach Ort und Zeit. Man unter— 
cheidet Hügelgräber stumuli) und Flachgräber. 
Aber über das Flachgrab, wohl äußerlich durch nichts 
gekennzeichnet, wurde oft noch ein Hügel gewölbt. 
Zügel können von späteren Generationen noch ver— 
crößert und manchmal noch jahrhundertelang benutzt 
oerden. Der Grabhügel, nicht immer auf domi— 
ierendem Platze gelegen, oft zu vielen Hunderten 
u ganzen Nekropolen vereinigt, doch aber immer 
ußerhalb der Überschwemmungszone, wurde aus 
Erde und Steinen aufgeschüttet. In reinen Erdhügeln 
ecken oft Steinschichten und Steinpackungen die Leiche bezw. Leichen. Die 
hröße der Hügel wechselt außerordentlich; je nach Zeitperiode und Ort 
inden sich kleine von Am Durchmesser und Riesen-Tumuli bis zu 15 m 
zöhe und 70m Durchmesser. Ebenso wechseln die Tiefen der Flachgräber 
wischen O,5 und 3mm. — Die alten Germanen waren vorerst Krieger. 
Taeitus erzählt von ihnen, daß sie keine Sache anders als in Wehr 
ind Waffen verhandelt hätten. Die Rüstung, Schwert, Lanze, Schild und 
delm gehörte zum Manne wie der Schmuck und das Kleid zur Frau. 
Zie hießen eigan, d. h. eigen, und darum wurden sie dem Toten mit 
as Grab gegeben. Eigentümlich war dabei, daß das Schwert so gelegt 
Vebtiur 
Ich schwör', zu schützen Frithjof, wär's gegen eine Welt, 
ẽs soll dies Schwert mir helfen, das meine Hand hier hält.““ 
der König aber lachte: „Es ist sehr dreist dein Wort, 
doch es ist frei die Rede im Königssaal im Nord, 
zchenk Wein ins Horn ihm, Gattin, den besten, den du hast 
ẽs bleibt der Fremde, hoff' ich, im Winter unser Gast.“ 
die Königin nun faßte das Horn, das vor ihr stand, 
der Stirn des Urs entnommen, ein Kleinod allbekannt, 
luf blanken Silberfüßen, mit manchem goldnen Ring, 
das Bilder aus der Vorzeit mit Runenschrift umfing.
	        
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