Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

dodestag des Verstorbenen. Auch tragen die Totenbretter gereimte 
Inschristen, wie z. B. diese: 
Auf diesem Breite bin ich gelegen, Und was ich bin, das werd't auch ihr, 
Las ihr seid, bin auch ich gewesen. Geht nicht ohne Fürbitte von mir.“ 
Mit steigender Kultur erschien es der Liebe der Hinterbliebenen 
chrecklich, daß das Angesicht des Toten mit Erde bedeckt sei; man 
and neue Bestattungsweisen: die Steinkammer und den Holz— 
arg s(siehe Bild Seite 12)1. — Um den Leichnam herum * 
ine niedere Mauer aufgeführt und 
dann mit Steinplatten überdeckt. Die 
einfachste und älteste Form des 
Zolzsarges bestand aus einem in 
wei Teile zerspaltenen, trogartig 
nusgebildeten Stücke eines Baum— 
tammes; man nennt sie Toten— 
Ȋume. Diejenigen, die man 1846 
in dem Berge Lupfen bei Ober— 
lacht in Württemberg fand, be— 
chreibt einer der Forscher, Wolf— 
gjang Menzel, so: „Bei weitem die 
neisten Särge waren sogenannte 
Totenbäume von Eichen-, einige 
wvenige von Birnbaumholz. Die 
etzteren waren meist zerfallen. Wir 
sanden sie insgemein von 9 Fuß 
Länge, die der Weiber und Kinder 
waren kürzer. Es sind natürliche 
Baumstämme, der Länge nach von— 
einander gespalten, inwendig wie 
Tröge ausgehöhlt und beide Hälften 
wieder übereinander gelegt, so daß 
eine den Deckel bildet. Sie sind 
ille mit der Axt bearbeitet, von 
Zäge findet man keine Spur. Die 
neisten sind nur der Rinde entkleidet, 
nur an einigen sind Flächen an— 
sedeutet. Auf dem Sockel der meisten 
Zärge, welche Männer enthielten, 
ind zwei Tierbilder in erhabener 
Arbeit ausgehauen, so daß ihre 
eiber auf dem Rücken des Sarges 
zusammenlaufen, ihre Köpfe aber 
in den Enden des Deckels hervor— 
tehen und als Handhaben dienen. 
Auf den Särgen, worin Weiber 
agen, fehlen diese Tiere gänzlich, 
eines ausgenommen.“ 
Begraben war der vorwiegende 
Hebrauch bei allen südlichen Ger— 
nanen, Verbrennen bei allen Nord— 
zermanen. Das schönste Beispiel 
eines Leichenbrandes schildert uns 
die ältere Edda. Sigurd war Brun— 
hilds Verlobter, aber er hatte Gun— 
iars Schwester Gudrun zum Weibe 
erkoren und Brunhild gezwungen, 
Hunnars Weib zu werden. Sie 
rächte die Untreue, auf ihren Wunsch 
vard Sigurd ermordet; aber auch 
ie wollte nicht weiter leben. 
„Denn wie soll ein edel Nit fremdem Manne 
Geartes Weib Das Leben führen?“ 
Darum bat sie Gunnar mit eindringlichen Worten: 
Bitten will ich dich Die Burg umziehe 
fine Bitte; Mit Zelten und Schilden, 
ch lass' es im Leben Erlesenem Geleit 
die leste sein: Und Leichengewand, 
in' breite Burg And brennt mir zur Seiten 
rbau auf dem Felde, Den Hunnengebieter. 
aß uns allen 
darunter Raum sei, Ddem Hunnengebieter 
die samt Sigurden zrennt zur Seite 
zu sterben kamen. Neine Knechte mit kostbaren 
tetten geschmückt: 
zwei zu Häupten 
ind zwei zu den Füßen 
ind der Habichte zwei. 
Also ist alles 
xẽen verteilt. 
Wenn auf dem Fuß ihm folg 
Mein Leichengefolge. 
Armlich wird meine 
Fahrt nicht sein. 
Ihnen folgen mit mir 
der Mägde fünf, 
dazu acht Knechte 
fdeln Geschlechts, 
Neine Milchbrüder, 
Die seinem Kinde 
zudli geschenkt.“ 
und legte sie auf den Holzstoß dann, Und meerwärts slog sein Schiff dahin, ihm auch nicht im Tode trennen. Er ließ sich in seinem Schiff und mi— 
— — dann Von Feuer rings umflossen. hm begraben. Das untrüglichste Zeugnis bietet uns das Schiff, das 
dinein zum Totenbrande. m Jahre 1880 aus einem Grabhügel auf Gokstadt in der Nähe 
des Badeortes Sandefjord in Norwegen setwa 159 kim von Christiania, 
im westlichen Eingange des Christianiafjords) nusgegraben wurde. 
ẽs lag hier ein großer Grabhügel, in der ganzen Gegend unter dem 
Namen Königshügel bekannt. Insihm war das Schiff in blauer feuchter 
Tonerde eingebettet. Das Schiff selbst, jetzt im Garten der Universi— 
itsgebäude in Christiania aufbewahrt, hat im Kiel eine vänge von 
lIOnm, in der Mitte eine Breite 
von 5,10 m. Es ist aus Eichenholz 
jebaut, von 16 Planken überein— 
inder genietet; im Innern laufen 
»7 Rippen, 3 Fuß übereinander, 
suer über den Kiel bis auf die Mitte 
er elften Planke hinauf, wo sie 
urch Querhölzer abgeschlossen wer— 
den. Das Schiff wurde durch Segel 
ind Ruder bewegt. Unser besonderes 
Interesse erregt ein Balkenbau am 
Mast, die Grabkammer. Die Balken 
ruhen auf Längsbalken, die auf dem 
Boden liegen, und laufen gegen einen 
Firstbalken dachförmig zusammen. 
Die vordere Wand der Grabkammer 
ehnt sich unmittelbar an den unteren 
Teil des Mastes an. Das Schiff 
sst mit voller Růstung eingegraben 
vorden. Man hat zum Beispiel ge— 
unden: die Reste von drei kleineren 
Zöten, von Ruderstangen, von Schil— 
den, eine Kette und darunter einen 
zroßen kupfernen Kessel, einige Stücke 
von hölzernen Schlitten, Federn eines 
pfauen. In der Grabkammer selbst 
'and man einige Stücke seidenen 
Zeugs, mit Gold durchwirkt, einen 
edernen Beutel, Schmucksachen aus 
ergoldeter Bronze und aus Blei. 
Zo mag damals die Bestattung vor 
ich gegangen sein. Als der Häupt— 
ing gestorben und der Platz seines 
Hügels neben der See bestimmt war, 
vurde ein Schiff von seinen Pfer— 
den aus dem Wasser aufs Ufer ge— 
zogen und in den blauen Tongrund 
etwas vergraben, und zwar mit dem 
Vordersteven gegen die See ge— 
richtet. Dann wurde die Grabkam— 
ner errichtet, der Mast in derselben 
Höhe abgehauen und nun der Ver— 
torbene in die Kammer eingelegt. 
Er trug sein Prachtgewand und seine 
Waffen. Hierauf ward die Grab— 
ammer verschlossen und mit Birken— 
rinde überdeckt. Das ganze Schiff, 
die Grabkammer ausgenommen, 
vurde mit einer Schicht von blauem 
Ton überdeckt, darüber ward eine 
Schicht von Moos und Zweigen ge— 
egt, und über das Ganze ward dann ein Hügel aufgeworfen. — Die 
ufgefundenen Schmucksachen lassen auf das neunte Jahrhundert als 
zeit der Bestattung schließen. Es war in dieser Zeit der Wikinger— 
eschichte eine nicht ungewöhnliche Sitte, den Toten in einem Boote oder 
zchiffe zu bestatten. In vielen Grabhügeln hat man die verbrannten 
der bestatteten Gebeine der Toten in einem Fahrzeuge niedergelegt 
efunden. — Nach germanischem Glauben lebten die gefallenen Helden 
u Walhalla bei Wodan. Beim heiligen Opfermahl zu Ehren der 
zötter ward auch ihrer gedacht, man trank zu ihrem Gedächtnis 
ind nannte das Minnetrinken (Bild S. 16). So fordert Hagen 
iuf, zu Siegfrieds Gedächtnis zu trinken: nu trinken wir die minne. 
zo fällt dem Fürsten 
Nicht auf die Ferse 
Ddie Pforte des Saals, 
ie ringgeschmückte, 
Germanische Küstenwächter. Nach einem Gemälde von Johs. Gehrts. 
Nach Brunhildens Tode wurden zwei Scheiterhaufen gemacht, einer 
ür Sigurd, einer für Brunhild. Nach Sigurds Verbrennung erfolgte 
ie Brunhilds. 
Grausiger als die Leichenverbrennung auf dem Scheiterhaufen 
var die bei den Wikingern übliche: ein Schiff, das den Leichnam trug, 
vard angezündet und dann hinaus ins Meer gestoßen (Bild S. 13). 
sine Schilderung davon gibt uns folgendes Gedicht von Alexander 
choltz: 
Aber die Wikinger kannten auch das Begraben. — Der Wikinger— 
seld lebte auf seinem Schiff; es in Sturm und Wogendrang durchs 
Meer zu führen (siehe Bild: Wikingerfahrt von H. Hendrich S. 13), 
die feindliche Küste zu gewinnen, dort Beute zu machen und diese heim— 
zuführen, das war sein Heldentum. Blitzschnell war er da, und darum 
lernten es die bedrohten, der Meerfahrt unkundigen Bewohner, Küsten— 
wächter auszustellen, damit diese die Gefahr sofort meldeten und alle 
Wehrfähigen zur Verteidigung herbeiriefen. Gar oft hatten diese aber 
auch Gelegenheit, bei eintretenden Schiffsunglücken den Gestrandeten 
Zamariterdienste zu leisten ssiehe obenstehendes Bild). — Dem Wikinger— 
selden war sein Schiff lieb wie ein trautes Weib; darum wollte er sich von 
König Sigurd Rings Brautfahrt. 
zo tat einst König Sigurd Ring, Er rüstet sein gutes Drachenschiff, 
As tot sein Lieb, das bleiche: Trug selbst hinein die Leiche 
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