Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

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gezwungen. Das Recht sprach der römische Richter, nicht mehr das 
Gericht der freien Männer; mit Rute und Beil wurde die Strafe voll— 
zogen. Und die Fürsten, einst die Führer des Volkes, mußten sich 
vor dem gewalttätigen Römer beugen und seinen Befehlen gehorchen. 
Dumpfe Gärung ging durch das Volk; die Greise dachten voll Wehmut 
der Tage ihrer Jugend, da sie freie 
Männer waren; die Männer er— 
griffen voll Grimm Bogen und 
Beil, und die Zünglinge ersehnten 
den Tag der Errettung, an dem sie 
dem Feinde mit der Keule das 
Haupt zerschmettern oder ihm 
den Ger ins Herz stoßen konnten 
(Bild: Alte Germanen fin— 
den ein römisches Feld— 
zeichen, Seite 20). Aber noch 
fehlte der Führer; doch Rom zog 
ihn selbst groß, es war Armin, 
ein Fürst der Cherusker. 
„Ein Jüngling von edlem 
Geschlechte, tapferen Armes und 
gewandten Geistes, Namens Ar— 
min, ein Sohn Segimers, des 
Fürsten der Cherusker, gedachte, 
die Sorglosigkeit des römischen 
Befehlshabers sich zu nutze zu 
machen. Er hatte früher die 
Römer auf vielen Feldzügen be— 
gleitet und besaß außer dem rö— 
mischen Bürgerrecht auch den 
Rang eines römischen Ritters. 
Jetzt dachte er gar klug, niemand 
sei leichter zu überwältigen, als 
wer nichts fürchte, und nichts sei 
öfter der Anfang des Unglücks ge— 
wesen als Sorglosigkeit und das 
Gefühl der Sicherheit. Zuerst 
weihte er wenige, dann mehrere 
als Genossen in seine Pläne ein. 
Daß es möglich sei, die Römer 
zu besiegen, behauptete er mit 
Zuversicht, überzeugte davon auch 
seine Geführten, und er bestimmte 
eine Zeit zum Überfalle. Das 
wurde durch Segest, einen Che— 
rusker, Varus gemeldet. Aber 
das waltende Schicksal hatte den 
Geist des Varus verdunkelt. 
„Einen offenen Aufstand wag— 
ten die Germanen nicht, weil sie 
meinten, die Zahl der Römer, 
die am Rheine und im Inneren 
des Landes standen, sei zu groß. 
Sie nahmen vielmehr den Varus 
so auf, als ob sie allen seinen 
Forderungen sich fügen wollten, 
und lockten ihn vom Rheine weiter 
in das Land der Cherusker und 
bis zur Weser. Auch hier lebten 
sie mit ihm in Frieden und Freund— 
schaft und ließen ihn glauben, daß 
sie auch ohne die römischen Waffen 
den Befehlen der Römer ge— 
horchen würden. 
„So geschah es, daß Varus 
nicht, wie er in Feindesland hätte tun sollen, seine Truppen zusammen— 
hielt, sondern viele seiner Leute nach verschiedenen Seiten hin sandte, 
sei es, um gewisse Plätze zu beschützen, sei es, um Räuber aufzugreifen 
oder Transporte von Lebensmitteln zu decken. 
„Die vornehmsten Verschworenen, welche später auch im Kriege die 
Anführung übernahmen, waren Arnim und Segimer, welche beide 
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stets um Varus waren und oft an seiner Tafel saßen. Während nun 
Varus ganz zuversichtlich war und sich keines Argen versah, vielmehr 
alle, welche ihn zur Vorsicht mahnten, wegen allzu großer Ängstlichkeit 
chalt, empörten sich zunüchst der Verabredung gemäß einige entferntere 
Ztämme. Sie wollten dadurch den Varus, wenn er gegen die Em 
Varué ve 
ee nun nicht als Untertanen und Bundes— d Zurzeln und die umgestürzten Baumstämme gestatteten nur unsicher— 
reich Te hnge n sich Varus jezt besand⸗ waren schluchten— /Während solcher Not fielen die Feinde aus den dichten Wäldern 
dertluftet, die Waldungen undurchdringlich dicht und voll ge- über die Römer her. Der Wege besser kundig, umzingelten sie die 
valtiger Stämme, so daß die Römer schon vor dem Erscheinen der Römer von allen Seiten und beschossen sie mit ren Pfeilen und 
Speeren, anfangs aus der Ferne; 
dann aber, als die Römer sich 
nicht zur Wehr setzten, rückten sie 
ihnen dichter auf den Leib. Die 
Römer, deren Zug vielfach durch 
Wagen und durch Unbewaffnete 
unterbrochen war, konnten sich 
nicht leicht auf einem Punkte 
sammeln und erlitten daher, den 
Angreifenden selbst nicht an Jahl 
gewachsen, große Verluste, ohne 
den Feinden etwas anhaben zu 
können. 
„Als sie einen tauglichen Platz 
fanden, soweit dies in dem Wald— 
gebirge möglich war, schlugen sie 
ein Lager auf, verbrannten die 
Mehrzahl ihrer Wagen und an— 
deres, was sie entbehren konnten, 
oder ließen es zurück und zogen 
dann am anderen Tage in besserer 
Ordnung weiter. Sie waren zwar 
so glücklich, bis zu einem lichteren 
Orte vorzudringen, doch geschah 
auch das nicht ohne Verluste. Als 
sie von da aufbrachen, gerieten sie 
wieder in dichte Waldungen. Sie 
wehrten sich zwar gegen die An— 
dringenden, gerieten aber auch 
dadurch in nicht geringe Not; 
denn sobald sie sich an engeren 
Stellen zusammentaten, um in ge— / 
schlossenen Gliedern, Reiterei und 
Fußvolk, gegen den Feind vorzu— 
rücken, wurden sie daran durch 
ihre eigene Menge sowie durch 
den Wald gehindert. 
„Als sie am dritten Tage sich 
wieder auf den Weg machten, 
strömten Regengüsse hernieder, 
ind es erhob sich ein furchtbarer 
Sturm. Sie vermochten weder 
weiter zu ziehen noch auch sicheren 
Fuß zu fassen. Ja, sie konnten 
nicht einmal von ihren Waffen 
Gebrauch machen; denn Psfeile, 
Wurfspieße und Schilde waren 
durchnäßt und nicht gut zu ge— 
brauchen. Ihre Feinde, die meist 
leicht bewaffnet waren und des— 
halb je nach den Umständen an— 
greifen oder sich zurückziehen 
konnten, hatten von solchen Un— 
füllen weniger zu leiden. Zudem 
waren sie den Römern an Zahl 
weit überlegen; denn auch die 
früher Bedenklichen hatten sich, 
wenn auch nur, um Beute zu 
machen, jetzt eingefunden. Sie 
umringten die schwächeren Römer, 
ie schon in den vorangegangenen Kämpfen viele Leute verloren 
jatten, um so leichter und machten sie nieder. So kam es, daß Varus 
und die angesehensten Führer, welche schon verwundet waren, fürchteten, 
daß sie lebendig in die Hand des Feindes geraten oder von dem er— 
hitterten Gegner grausam getötet werden könnten, und legten Hand 
an sich selbst; der besiegte Feldherr stürzte sich in sein Schwert. 
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Heimkehr der Deutschen aus der Schlachft im Feuthhurger Wald. Nach einem Gemälde von Paul Thumann. 
pörer zöge, in eine Falle locken und ihn verhindern, Vorsichtsmaßregeln 
zu treffen, wenn sie sich alle zugleich empörten. So geschah es denn 
auch. Als Varus aufbrach, begleiteten sie ihn eine Strecke, dann aber 
blieben sie zurück, angeblich, um Bundesgenossen zu werben und sie 
hm zuzuführen. Nachdem sie die Hilssmacht, welche schon an einem 
vestimmten Platze bereit stand, an sich gezogen hatten, rückten sie gegen 
Feinde mit dem Fäüllen der Bäume, dem Wegebahnen und dem Schlagen 
von Brücken volle Arbeit hatten. Die Römer führten auch wie in 
Frieden viele Wagen und Lasttiere mit sich, und Kinder, Weiber und 
Diener folgten ihnen, so daß schon dadurch wenig Ordnung in den 
Zuge war. Dazu kamen, um sie noch mehr auseinanderzubringen 
Regen und heftiger Wind, und der schlünfrig gewordene Boden sowie
	        
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