Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

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vard aber 405 von Stilicho wieder hinausgedrängt. Stilicho ward im „In dieser durch die ganze Welt berühmten Schlacht, in welcher 
luftrage seines undankbaren Kaisers Honorius ermordet; jetzt hatte die tapfersten Völker sich miteinander maßen, sollen auf beiden Seiten 
Italien keinen Beschützer mehr. Alarich stellte seine Forderungen von 165000 Mann gefallen sein. Am Tage nach der Schlacht beleuchtete 
seuem: Geld und Land; umsonst. Da beschloß er, den Kaiser zu die aufgehende Sonne ein Gefilde, das, von Leichen und Verwundeten 
zwingen; dreimal belagerte er Rom, 408, 409 und 410. Als er zum bedeckt, einen schrecklichen Anblick bot. Da die Hunnen keinen neuen 
erstenmal vor Rom lag, drohten ihm die 
Hesandten der Stadt, daß das Volk be— 
waffnet und zum Kampfe entschlossen sei. 
Höhnend antwortete der Sieger: Je dichter 
das Gras, um so leichter das Mähen. Und 
ils sie, erschrocken über seine Forderungen, 
rragten, was er ihnen denn übrig lassen 
vollte, sagte er kurz und bedeutungsvoll: 
Das Leben. Er empfing 5000 Pfund Gold, 
30000 Pfund Silber, M00 seidene Gewän— 
der und 3000purpurgefärbte Felle. Trotzdem 
erfüllte Honorius die Forderungen Alarichs 
nicht, so daß dieser Rmzum zweiten- und 
drittenmal belagern mußte. Von der letzten 
Belagerung wird das Ereignis erzählt, das 
unser nebenstehendes Bild darstellt. Bei der 
Plünderung fanden die Goten kostbare Heilig— 
üümer in der Hut einer christlichen Jungfrau. 
Darin den Kirchenschatz von St. Peter er— 
ennend, gab Alarich den Befehl, die Reli— 
suien und ihre Hüterin nach St. Peter zu 
geleiten. Der Zug verwandelte sich auf dem 
Wege in eine Prozession. Fliehende Christen, 
Frauen, Kinder und Greise, die sich schutz— 
uchend herzudrängten, die eben noch leiden— 
schaftlich erregten gotischen Krieger, alle 
schlossen sich an. Der Lürm der Plünderung 
ward übertönt durch feierliche Hymnen, und 
o, sagten die Kirchenväter, entstand ein 
Triumphzug der christlichen Religion. — 
Alarich wandte sich südwärts. Am Bu— 
sento ereilte ihn jedoch ein früher Tod; im 
Busento ward er in der bekannten, von 
Platen dargestellten Weise bestattet. Sein 
Schwager Athaulf führte die Westgoten nach 
Ballien, und hier und im nördlichen Spa— 
nien entstand durch ihn und seinen Nach— 
jolger Walja (x„15-419 ein westgotisches 
Reich, dessen Hauptstadt Toulouse war. 
Bald drohte ihnen und dem noch rö— 
mischen Teile Galliens, dessen Statthalter 
um 450 Aëtius war, große Gefahr. Seit 
14 herrschte über die Hunnen König Attila. 
Mit Hunnen, Ostgoten, Gepiden und Thü— 
ringern brach er 431 in Gallien ein; auf den 
katalaunischen Feldern stellten sich ihm Aëtius 
und der Westgotenkönig Theoderich ent— 
jegen, unterstützt von Franken, Alanen, 
Burgunden und Sachsen. Es war eine 
urchtbare Schlacht. Das Bächlein, das in 
den flachen Ufern der Ebene vorbeifloß, soll 
»om Blute der Gefallenen und Verwundeten 
zum Gießbach angeschwollen sein. Und die 
Verwundeten tranken, um ihren brennenden 
Durst zu stillen, das mit Blut vermischte 
Wasser. 
„Der König Theoderich wurde, wäh— 
rend er ermutigend sein Heer durcheilte, 
vom Pferde gerissen, und von den Seinigen 
zertreten, endete er sein Leben. Da trennten 
ich die Westgoten von den Alanen und drangen auf die Scharen der 
Hunnen ein; fast hätten sie Attila getötet, wenn er nicht geflohen wäre 
und sich und die Seinen sogleich in das Gehege seines Lagers, das er 
mit Wagen umgeben hatte, eingeschlossen hütte. Wenngleich dies nur eine 
gebrechliche Schutzwehr war, so suchten doch dort diejenigen Fristung ihres 
Lebens, die vorher meinten, daß kein Mauerwall ihnen widerstehen könnte. 
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seiner Höhle auf und ab geht und nicht wagt, aufzuspringen, aber 
unaufhörlich mit Gebrüll seine Feinde schreckt. So ängstigte der krie— 
gerische König seine Besieger noch, als er eingeschlossen war. 
„Goten und Römer waren zu einer Beratung zusammengekommen 
und überlegten, welche Maßregeln man dem besiegten Attila gegenüber 
Alarich in Rom im Jahre 410. Nach einem Gemälde von W. Linden 
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ergreifen sollte. Man kam überein, ihn einzuschließen und durch ein 
Belagerung auszuhungern, da er keinen Vorrat an Lebensmitteln hatte 
ss schien dieser Entschluß der beste zu sein, weil der König seine Bogen 
chützen zwischen den Karren seiner Wagenburg aufgestellt hatte, vor 
vo aus jene durch einen Pfeilregen jeden Angriff abzuweisen vermochten 
Attila aber soll in dieser verzweifelten Lage, noch an der Schwelle de 
Todes voll mutiger Entschlossenheit, sich aus Pferdesätteln einen Scheiter— 
saufen haben erbauen lassen, um sich, wenn es den Gequern gelingen 
ollte, die Verschanzung zu durchbrechen, in die Flammen zu stürzen. 
So sollte niemand die Freude haben, ihm den tödlichen Streich zu ver— 
setzen oder den Herrn über so zahlreiche Völker in seine Gewalt zu 
bringen. 
„Während man die Hunnen umschlossen 
hielt, suchten die Westgoten auf dem Schlacht— 
felde nach ihrem Könige, die SZöhne Theo— 
derichs nach ihrem Vater. Endlich fand man 
ihn unter einem dichten Haufen Erschlagener. 
Dastimmten die Goten zu seiner Ehre Toten— 
lieder an und führten im Angesichte der 
Feinde den Leichnam hinweg. Tränen 
wurden dabei vergossen, wie sie einem 
wackeren Helden geziemten. Und nachdem 
die Goten ihrem Könige die schuldige Ehre 
erwiesen hatten, erwählten sie unter Waffen— 
geklirr Thorismund ssiehe Bild S. 32) zu 
ihrem neuen königlichen Herrn. Dieser aber 
führte sein Volk wieder hinein in die alten 
Wohnsitze und nahm die sterblichen Üüber— 
reste des geliebten Vaters mit sich. 
„Sobald Attila von dem Ahzuge der 
Goten Kunde erhielt, dachte er, wie man 
es einem unerwarteten Ereignisse gegen— 
über zu tun pflegt, zunächst an eine vist 
der Feinde und hielt sich längere Zeit vor— 
sichtig im Lager. Aber als nach Abmarsch 
der Feinde Stille ringsumher eintrat, er— 
hob sich sein Geist zu neuer Ziegeshoffnung 
und das Vertrauen auf das alte Glück 
kehrte ihm zurück.“ (Jordanes, Geschichte 
der Goten.) 
Attila zog heim ins Donauland; aber 
er fand keine Ruhe; 452 brach er in Italien 
ein und gewann Aquileja, Pavia und Mai— 
land. Die erschreckten Bewohner flüchteten 
auf die nahen Inseln an der Küste der Adria, 
und manche Forscher glauben, daß damals 
die Gründung des späüter so mächtigen Venedig 
geschehen sei. Doch nach Rom zog Attila 
nicht. Wußte er, daß ein Barbarenheer 
niemals fähig ist, feste Städte dauernd zu 
belagern und zu gewinnen? Oder war 
wirklich der Eindruck des greisen Papstes 
Leo J., der ihm statt des schwachen Kaisers 
Valentinian III. entgegentrat, so gewaltig, 
daß er den ferneren Sieg nicht zu hoffen 
wagte? Wir kennen seine Beweggründe 
nicht, er kehrte um und heim ins Donau— 
land. Auf dem Rückzug starb er plöslich 
bei der Vermählung mit der schönen Hildiko. 
Neun Jahre, 444 -453, war Attila alleiniger 
König der Hunnen, und in dieser kurzen Zeit 
erfüllte der Schrecken seines Namens die 
Welt. Insbesondere hat er viele deutsche 
Lölkerschaften unter sein Zepter gezwungen, 
indere vernichtet. Die Kraft und Gewalt 
seiner Persönlichkeit war allen Germanen 
ief in die Seele geschrieben. Und so ist es 
geschehen, daß sich um ihn ein weiter Sagen— 
kreis, der hunnische, gebildet und daß die— 
ser sich mit dem fränkischen und ostgotischen 
zu unserem Nationalepos, dem Nibelungen— 
jed, verbunden hat. Die Nibelunge erlitten Not in der Burg Attilas, 
Etzels. Dort fielen die drei Könige und ihre treuen Mannen. Er selbst hat 
as Reich von Gunther, Gernot und Giselher, das Burgunderreich von 
Vorms, nicht vernichtet, das war schon vor ihm, 437, durch Actius mit 
zilfe hunnischer Söldner geschehen; aber sein Name riß die Taten 
underer an sich und übergab sie als Sage kommenden Geschlechtern. 
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