DAS SIEGEL DER STADT PRAG VON 1475
in der deutschen Dombauhütte von Prag jene Ehrengrabmäler von Przemysliden-
königen, deren Fußlöwen auch dem tschechischen Beschauer als neu auf-
gefaßte Sinnbilder des böhmischen Wappentieres erscheinen mußten. Deutschen
Bürgern wiederum der reichen Bergwerkstadt Iglau, für die der vielgewandte
Schreiber Johann von Gelnhausen wichtige Rechte in zwei formschöne Per-
gamentschriften zusammenfaßte, deren Ausschmückung einem guten Buchmaler
aus Prag anvertraut war, konnte das Miniaturbildnis Karls IV. nur glückhaftes
Zeichen für eine Wohlstand und Frieden bedeutende Vereinigung der kaiser-
lichen und königlichen Macht sein (S. 11).
So wenig Wenzel, der Sohn Karls IV., das großartige Erbe seiner Hausmacht und
die Würde des ihr zugeordneten Kaisertums zu wahren verstand, so wenig gelang
es jetzt auch, die völkischen Kräfte Böhmens gut auszugleichen, einer neu
sich bildenden Gesellschaftsordnung gerechtere Verteilung der Lebensgüter zu
sichern und die unaufschiebbar gewordene Reformation der Kirche durchzu-
Führen. Die Hussitenkriege, in denen das alles seinen gewaltsamen Ausgleich
suchte, haben das Deutschtum des Landes schwer verwundet. Unersetzliches
Kunstgut wurde von den Bilderstürmern dieser Zeit vernichtet. Was blieb, darf
oft auch als Zeugnis eines erfolgreichen deutschen Widerstandes gelten. Nicht nur
große Städte wie Brünn, Eger und Pilsen wehrten Hussitenstürme erfolgreich ab.
Von mannhaftem Entsatz der Olmützer berichtet auch jener Stadtschreiber Wenzel
von Iglau, dessen Rechtsbuch 1430 mit dem Bilde einer Schöffenvereidigung
geschmückt wurde, in der die Schönliniagkeit des Prager Hofstiles schon zuaunsten
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