Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1906, Bd. 1, Heft 1/12)

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Grundriß, Vorder- und Seitenansicht des Gärtnerhäuschens in Pforzheim. 
nan selbst in den verzwicktesten Fällen eine 
Lösung finden, die den Notbehelf der Platt⸗ 
form vermeidet. Wie keck und unbefangen 
waren darin die alten Baumeister und was 
für gelungene Lösungen haben sie auf 
diese Weise zustande gebracht. Wir müssen 
uns, namentlich in den Landstädten, auch 
hierin von dem schlechten und verderblichen 
Horbild der Großstädte und von schemati— 
schen Lösungen wieder losmachen. Denn 
auch in technischer Beziehung bieten Un— 
regelmäßigkeiten für den Dachdecker keine 
unüberwindlichen Schwierigkeiten mehr. An 
lacheren und windschiefen Stellen kann man 
zur Sicherheit noch irgend eine Dachunterkonstruktion an⸗ 
ordnen. Bei der Dachdeckung sollte mehr und mehr darauf 
gesehen werden, die Verwendung von Blech, das immer 
inschön wirkt, möglichst ganz auszuschließen. Kehlen und 
Anschlüsse an Dachläden oder Wände können ganz gut 
ausgeziegelt, Gräte und Firste mit Hohlziegeln. weiß ein—⸗ 
gespeist, verwakrt werden. 
5 7 Wie unsere 
3wei Schwarzwaldhaͤuser. Reexe 
das Klima und die Witterungsverhältnisse beim Bauen be— 
rücksichtigt haben und wie da⸗ 
durch die Gestaltung des Hauses 
veeinflußt wurde, das können 
wir nirgends deutlicher sehen, 
als an alten Beispielen von 
schwarzwaldhäusern, wie sie 
ramentlich noch im badischen 
schwarzwald in den Tälern und 
in den Berghalden vielfach zu 
inden sind. Über das ganze 
haus ist ein riesiges Dach ge— 
tülpt mit weiten Dachvor—⸗ 
prüngen, die auf den Trauf⸗ 
jeiten fast bis auf den Boden 
reichen, um Regen und Schnee 
weit von den Wänden abzu—⸗ 
halten. Vom haus selber sieht 
mnan fast nur etwas auf der 
Hiebelseite, die unter einem 
großen Walm verstohlen her—⸗ 
borlugt. Bei vielen häusern 
sind unter den großen Dach— 
vorsprüngen Altanen oder Um⸗ 
gänge vorgebaut. Meistens 
ind diese Bauten mit Stroh 
Von Architekt H. Deichsel, Pforzheim. 
zingedeckt, was ihnen noch ein ganz be— 
onders eigenartiges Aussehen gibi. 
Unsere Baumeister fangen jetzt auch 
wieder an, diesen charakteristischen und den 
zlimatischen Verhältnissen Kechnung tragen— 
den Besonderheiten Beachtung zu schenken 
uind, namentlich auf dem Lande, abseits von 
tädtischer Kultur, nicht mehr alles nach 
einem Allerweltsschema zu bauen. Unser 
erstes Beispiel zeigt ein freistehendes Ein— 
familienhaus aus Calw von Architekt Fried⸗ 
rich Haußer in Ludwigsburg. Das haus 
ñegt an einem Abhang in einer idnllischen, 
ländlichen Umgebung. In einem massiven 
Antergeschoß, einem Hauptgeschoß und ausgebauten Dach— 
eschoß sind 8 Zimmer mit allem nötigen Zubehör enthalten. 
Das sofort als charakteristisch in die Augen fällt, ist das 
roße, schützende Dach mit seinen weitausladenden Vor— 
prüngen, unter welchen mehrere hölzerne Veranden zu 
seborgenem KHufenthalt angebracht sind. Die Fenster sind 
ruppenweis zusammengefaßt und ihr weißes Sproßenwerk 
ildet zusammen mit den farbigen Fensterläden eine heitere 
zier. Das Hauptgeschoß besteht aus verschindeltem Fach— 
verk. auch einer Konstruktionsart, die dem Klima sehr an⸗ 
gemessen ist. So macht das 
Ganze in der etwas rauhen 
Gegend einen recht geschützten 
und daher behaglichen Ein— 
druck. Ein solider holzzaun, 
nicht wie man es leider heut⸗ 
zutage vielfach sieht, nur ein 
dünnes Drahtgeflecht oder 
isengitter, umzieht das ganze 
Anwesen. Der Zugang ist durch 
einen hübschen, gezummerten 
Torbau noch besonders aus⸗ 
gezeichnet. Ein kleineres Bei⸗— 
spiel, für die Zwecke eines 
Gärtners bestimmt, zeigt das 
weite Häuschen von Architekt 
hj. Deichsel in Pforzheim. Das⸗ 
ielbe ist auch an einem sanften 
Abhang gebaut. KAuf einem 
nassiven Untergeschoß ruht das 
aus Bohlenwänden errichtete 
haus, vorn mit einer großen 
Deranda auf Steinpfeilern, die 
Hiebelfelder mit Brettern ver⸗ 
täfert und das Ganze wieder 
Dorfkirche in Hausen a. Würm, Oberamt Leonberq.
	        
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