Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1911, Bd. 6, Heft 1/12)

ihren Betätigungen leitet, auch bei diesem neuen Unter— 
nehmen zum Ausdruck kommt. Dieser Grundgedanke, die 
zörderung aller dem Baugewerbe zugehörigen Mreise, kann 
nun allerdings auf einer ausgesprochenen Kunst ausstellung, 
denn um eine solche handelt es sich hier, nicht in dem 
Maße durchgeführt werden, wie etwa auf der Bauausstellung 
1908, wird aber immerhin in den Räumen, die auf dieser 
Ausstellung gezeigt wer⸗ 
den sollen, genügend er⸗ 
kennbar werden. Gerade 
dadurch, daß es nicht mög⸗ 
lich war, in dem kleinen 
fAusstellungsgebäude ganze 
große Kirchenräume ein⸗ 
zubauen, ergab es sich von 
selbst, daß das Hauptziel 
nicht etwa in der Schaf⸗ 
fung eines architektoni⸗ 
schen Idealraumes, also 
auf rein architektonischem 
Gebiet gesucht werden 
konnte. Vielmehr war bei 
der Kleinheit des zur Ver⸗ 
fügung stehenden Platzes 
eine Lage geschaffen, die 
etwa der entsprechen dürfte, 
wie sie bei dem Umbau 
kleinerer Dorfkirchen ent⸗ 
steht. Die Hhauptarbeit in 
jolchen Räumen, wo der 
Maurer und der Zimmer⸗ 
mann nur hie und da ver⸗ 
bessernd eingreifen kann, 
wird immer dem Maler 
zufallen. Er ist es, der 
über all die schrulligen, 
an sich zwar oftmals reiz⸗ 
vollen, im ganzen aber 
aur schwer unter einen hut 
zu bringenden Zufällig⸗ 
keiten der Jahrhunderte 
den deckenden Mantel der 
Farbe zieht, so daß trotz 
allem eine gewisse Plan— 
mäßigkeit und wohltuende 
kKuhe in das Ganzekommt. 
Im gleichen Sinne war der 
Maler auch bei den Kirchen⸗ 
räumen unserer Ausstellung 
der, dem die Uberwindung 
der sufälligkeitenund Miß⸗ 
stände zufiel, die sich durch 
die Um⸗ und Einbauten 
ergeben hatten. Es wäre 
vielleicht dankbarer ge— 
wesen, auf einem freien 
Platz provisorische Kirchen 
zu errichten, deren Pla⸗ 
nung man ganz in die 
hand anerkannter Kirchen⸗ 
baumeister hätte geben 
können. Aber zweifellos wäre damit dem handwerk weniger 
gedient gewesen, als wie es dadurch der Fall war, daß 
unsere sämtlichen Kirchenräume sozusagen nach und nach 
und in gemeinschaftlicher Beratung mit den beteiligten 
handwerkern, namentlich der Maler entstehen mußten. 
Dasselbe kann gesagt werden von dem kleinen Fried⸗ 
hof, der ebenfalls auf der Ausstellung gezeigt werden wird. 
Es gibt zwar heute allenthalben Künstler genug, die einen 
zuten geschmackvollen Grabstein entwerfen können. Das 
st aber nicht das Ziel. Das Siel ist vielmehr, den hand— 
verker etwas von der Abhängigkeit von Architekt und 
fünstler freizumachen. Wir nahmen deshalb gern Anlaß, 
insere Bestrebungen in diesem Sinne auch auf dieser Aus—- 
tellung noch einmal zu zeigen und die besten aus unserem 
etzten Bauhandwerkerwettbewerb gewonnenen Grabkreuze 
iuszustellen als Beweis dafür, daß auch heute noch eine 
kleine Skizze wie die von 
uns bei jedem Wettbewerb 
hderausgegebene genügt, 
im eine geschmackvolle, 
elbständige und im ein— 
jselnen — ohne Detail- 
jeichnung! — gut durch⸗ 
dachte Arbeit zu erhalten. 
Diese Kreuze werden auf 
der Kusstellung nicht die 
ichlechtesten sein. 
Mit dem Friedhof und 
den erwähnten Räumen, 
oon denen zwei der evan⸗ 
gelischen und je einer der 
zatholischen und israeliti⸗ 
chen Konfession zugewie—⸗ 
en sind, werden auf der 
Ausstellung eine Anzahl 
oon mustergültigen kirch⸗ 
lichen Ausstattungsstücken 
zu sehen sein. Sie stam⸗ 
nen aus neueren Kirchen 
und sind meist von orts⸗ 
eingesessenen Handwerkern 
hergestellt, im Gegensatz 
zu der Gepflogenheit 
rüherer Jahre, derartige 
Ausstattungsstüche ent⸗ 
veder aus der Fabrik oder 
onst weit herzuholen. Es 
nag sein, daß derartige 
mOrt selbst angefertigte 
ztücke oft etwas weniger 
legant ausfallen. Dafür 
ind sie aber um so kräf⸗ 
tiger und gediegener und 
passen mehr in ihre länd— 
liche Umgebung als fremd⸗ 
her geholte Stücke. 
Was sonst an Modellen 
und Entwürfen, Zeich—⸗ 
nungen, Photographien 
und CLichtbildern aus alter 
ind neuer Zeit auf der 
Ausstellung gezeigt werden 
wird, alles ist aus dem 
einen Gedanken heraus 
zusammengetragen, die 
kirche als einen der vor⸗ 
nehmsten Auftraggeber 
wie für den Künstler so 
aber auch für den hand⸗ 
werker wieder zugewinnen. 
Die Beispiele aus alter Seit werden beweisen, wie hand⸗ 
verklich die alte Kunst war — die Beispiele aber aus 
inserer Seit, wie wir auf dem besten Wege sind zu einer 
zirchlichen Kunst, die, weil sie das Handwerk heranzieht, 
cht und recht iiiiteee 
Enswurf zu einem Grabstein.) Ie *ric 
vir ihn heute namentlich in der Stadt kennen, gleicht oft 
n allem eher dem Lager eines Steinmetzen, als dem, was 
BCDEFG 
—— 
Entwurf zu einem Grabstein. 
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