Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1911, Bd. 6, Heft 1/12)

Umgebung. Die Verwen— 
dung des holzes als Fach⸗ 
werk in den beiden Giebeln 
ist durch seine Billigkeit 
ebenso angebracht, als es 
hier in besonderem Falle 
das Dörfliche und den 
Tharakter einer Waldland⸗ 
chaft hervorzuheben dient. 
Der Bauplatz bot inso⸗ 
kern ziemliche Schwierig⸗ 
zeiten, als er äußerst ab— 
ichüssig ist. Wie aber viel— 
fach derartige Eigenschaften 
unter der hand eines ge— 
chickten Baumeisters zu 
Dorzügen werden, so ist 
auch hier diese an sich er— 
chwerende Lage künstlerisch 
jut ausgenützt. Durch den 
zteilabfall begünstigt er— 
scheint der talwärts gewen⸗ 
dete Giebel besonders groß, 
vährend sich der bergseitige 
HDiebel nieder und behaglich 
auf den Berg aufsetzt. Der damit erzielte Eindruck ist der 
einer festen Zusammengehörigkeit von Kirche und Berg. 
Und das ist ja das größte Lob, das man einem Bauwerk 
spenden kann, daß es nämlich nicht als Fremdkörper in 
seiner natürlichen Umgebung steht, sondern daß sich an 
ihm Natur und Kunst ergänzen und heben. 
Die Schwarzwaldgemeinde Rodt, für die das Kirch-⸗ 
ein gebaut ist, zähll etwa 400 Einwohner und dem⸗ 
entsprechend sind in der Kirche 180 Sitzplaͤtze vorgesehen, 
150 dieser Plätze befinden sich im Schiff, 30 weitere auf 
der Empore, die sich an der Rückseite des Schiffes befindet 
und die wegen der eigentümlichen Lage an dem Abhang 
beinah ebenerdig von der Straße aus erreicht werden kann. 
llicht weniger reizvoll als dieser Cingang sind, wie aus 
dem auf der ersten Seite wiedergegebenen Schaubilde er—⸗ 
sichtlich ist, die übrigen Zugänge angeordnet. 
Wie schon angedeutet, wurden soweit als möglich ein⸗ 
heimische Baustoffe verwendet, so sind z. B. Sockel, Fenster⸗ 
und Türeinfassungen, Strebepfeiler, Echquader usw. von 
Hhausteinen aus der Umgegend, ebenso die Stufen hergestellt, 
während das UÜbrige in gewöhnlichem Schwarzkalkverputz 
zehalten ist. Wie an den Siebein so ist auch sonst im üußern 
und Innern das verwendete holz vielfach naturfarben ge— 
assen und trägt dadurch zur Verstärkung des boden⸗ 
tändigen Eindrucks bei. Namentlich der auf unserem 
schaubild gezeigte Giebel 
mit seinem Fachwerk und 
einer teilweisen Verschinde— 
iung sowie die ihm vor— 
gelagerte Eingangshalle 
wirken durch die geschickte 
HDerwendung des holzes. 
In besonderem Maße zeich⸗ 
net sich hierbei die Vorhalle 
aus durch die kräftig wir— 
zenden Pfetten und Säulen 
aus Eichenholz und die in 
Lannenholz ausgeführte 
Decke. Entgegen der in 
unserem Bilde wieder— 
gegebenen ursprünglichen 
Absicht wurde der Dach⸗ 
reiter statt mit Biber—⸗ 
chwänzen mit Kupfer ein⸗ 
gzedeckt, das mit seiner zu⸗ 
iehmenden Grünfärbung im 
Verein mit dem satten Braun 
des holzwerkes einen ange⸗ 
nehmen Farbenklang geben 
wird. Das Hauptdach ist 
als Kronendach mit Biber⸗ 
schwänzen eingelegt. 
Erwähnenswert ist von 
der Gestaltung des Innern 
die Behandlung des Bodens 
in den Gängen, im Chor und 
auf den Vorplätzen. Statt 
der vielfach etwas lang—⸗ 
weilig wirkenden Steinzeug⸗ 
olatten sind hier Naturstein⸗ 
olatten aus der Umgegend 
derwendet worden, die mit 
ihren dem Stein anhaften— 
den Zufälligkeiten ein lang⸗ 
veiliges Aussehen des Fuß⸗ 
bodens von allem Anfang 
an nicht aufkommen lassen 
und die bei zunehmender 
Benutzung durch die sich ein⸗ 
jstellenden Unebenheiten an 
Teben gewinnen. Der Boden unter dem Gestühl und auf den 
kmporen ist natürlich wegen des besseren Kälteschutzes als ge⸗ 
vöhnlicher holzboden hergestellt. Wie es sich für eine Schwarz⸗ 
valdkirche von selbst versteht, sind die Decken im Schiff und 
inter der Empore als holzbalkendecken mit naturfarbenen, 
zassettierten Zwischenfeldern ausgebildet. Der Chorabschluß 
ind die Chordecke sind dagegen verputzt. Im Einklang mit der 
)erwendung des holzes bei der Decke des Schiffes sind in ihm 
(anzel und Gestühl ebenfalls aus Holz hergestellt und mit öl⸗ 
arbe bestrichen. Altar und Taufstein im Chor sind dagegen 
on weißgelbem Sandstein. Bemerkenswert ist noch die 
zehandlung der Fenster, die mit grünlichem Antikglas 
»erglast wurden. Dieses Glas, dessen Scheiben sich von 
enen des gewöhnlichen Glases durch Zufälligkeiten und 
Inregelmäßigkeiten unterscheiden, wurde gewählt, weil es 
inmal durch seine wechselnde Färbung das nüchterne All⸗ 
agslicht gebrochen und stimmungsvoller in den Raum ein— 
reten, und weil es ein andermal die Fenster selbst durch seine 
Trübe raumabschließender wirken läßt, und so im Verein mit 
der dichten Verbleiung ein ähnlicher Eindruck erzielt wird, 
vie ihn in verstärktem Maße gemalte Scheiben ergeben, 
für die ausreichende Mittel nicht raewen waren. ß 
P5 Es ist zu begrüßen, da 
Bücherbesprechung. jetzt weite und weitere 
Kreise Anteil nehmen an der Entwicklung der Bestrebungen, 
die auf eine Verschönerung 
und Veredelung unserer 
Wohnungsverhältnisse ge⸗ 
cichtet sind. Diese Bestre— 
hungen erschöpfen sich na⸗ 
türlich nicht mit den Auf⸗ 
zaben, wie sie das Hhaus 
an sich bietet. Der Garten, 
die Straße, ja die ganze 
Sztadt als Anlage betrachtet 
bringen weitere der Lö— 
ung harrende Aufgaben in 
Menge. Dementsprechend 
ist die Zahl der Bücher, die 
ich mit den Fragen des „er⸗ 
weiterten Wohnens“, vor⸗ 
erst namentlich mit der Ge⸗ 
staltung unserer Gärten 
beschäftigen, im ständigen 
Wachsen begriffen, ohne 
— te 
Seitenansicht. 
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75
	        
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