Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1911, Bd. 6, Heft 1/12)

Weise, vor allem aber unter 
den Nachwirkungen des „Ju—⸗ 
zendstils“ Farben auf das 
dorf gekommen, die in ihrer 
züße und Verwaschenheit weil 
entfernt sind von den ehe— 
nals gekannten klaren und 
destimmten Farben. Das mag 
1. a. auch mit dem Auf— 
hlühen der deutschen Farben⸗ 
ndustrie zusammenhängen, die 
dem Maler viele und billige 
Farbe in zu großer Menge 
lieferte, so daß er darüber 
die althergebrachten Farben 
und ihre Anwendungsweisen 
mehr und mehr vernachlässigte 
und sich im „Mischen“ aller 
denkbaren und undenkbaren 
Töne erging. Namentlich 
unter dem Einfluß des so— 
gzenannten Jugendstils leistete 
sich der Einzelne oft Unglaub— .4 8 — 
liches in der Abwandlung der Kirche in Riet, Rückansicht. 
Töne vom süßesten Himbeerrot bis zum grimmigsten Grün. für ihn stärkere Farben nicht möglich wären. Im Gegen⸗ 
— Dabei ist das Geheimnis künstlerischer Wirkung auch leil verträgt der Putz recht gut eine farbigere Behandlung, 
für den Maler vielfach kein größeres, als das der selbstauf· als man ihm heute zuteil werden läßt; zum allerwenigsten 
erlegten Beschränkung. Das wird durch nichts besser be- ollte man das bei Neubauten jetzt beliebte knallende 
wiesen als durch die wegen ihrer schmucken Fachwerks- Veiß immer farbig abtönen, damit das Haus nicht zu 
bauten weit bekannten RKemstaldörfer wie etwa Strümpfel- ehr als Fremdkörper in der Landschaft steht. 
bach und Schnait, in denen ein stumpfes Rot (Ochsenblut) Stärkere Farben pflegt man den Schlagläden, Türen, 
und ein sammetweiches Schwarz die beiden einzig Fenstern, Simsen, Rinnen und Abfallrohren zu geben. 
vorherrschenden Farben für das Fachwerk und die lllerdings oft nicht mit der nötigen Vorsicht. Ein ein— 
sonstigen holzteile des Hauses sind. Der Gegensatz des aches Braun oder Grün für diese Teile auf hellem, ein 
bestimmt wirkenden Rotes oder Schwarzes zu dem freund⸗ twas gebrochenes Weiß auf farbig-dunklem Putz, werden 
lichen Weiß der geputzten Fachwerksfelder ist viel zu starz, mmer dankbar sein. Verfehlt ist es, an diesen Teilen 
um den Cindruck der LCangeweile aufkommen zu lassen durch eine zu weitgehende Buntheit, bei den Läden etwa 
und wiederum zu selbstverständlich, um an spielerische urch eine dunkle Bemalung der Rahmen und hellere der 
Effekthascherei zu mahnen. Die Dörfer, in denen der Füllungen wirken zu wollen. Was damit erreicht wird, 
Fachwerkbau nie so kKünstlerisch vollendet gepflegt wurde, it meist statt eines reicheren Aussehens nur das größerer 
wie in den erwähnten und wo infolgedessen auch kein inruhe. 
Wert darauf gelegt wurde, das Fachwerk als solches in In Gegenden, in denen man ihrer rauhen Witterung 
der Bemalung besonders wegen statt des Putzes mehr 
zu betonen, geschah es im die Verschindelung und Ver⸗ 
Derlaufe der Jahre, daß schalung der häuser bevor— 
mit jedem der gern vom zugte, ließ man diese ge— 
hausbesitzer selbst ausge— wöhnlich im holzton stehen, 
führten Anstriche das Fach— der sich dann durch das 
werk mehr und mehr unter Wetter in das bekannte 
der Tünche verschwand, bis Silbergrau wandelte, wie 
es schließlich nur noch in wir es heute an alten holz⸗ 
ungemein malerischen zu—⸗ häusern so gern sehen; gleich⸗ 
sammenhanglosen Strichen sam wie ein lebender Or⸗ 
die hausseite belebte. Die ganismus scheint ein solch 
Farbe des Putzes, der dann wettergraues haus in die 
hier nahezu wie bei einem Natur wieder zurückzu⸗ 
einen Putzbau die farbige wachsen. 
Erscheinung des Hauses fast Wir, die wir heute un⸗ 
allein bestimmt, wird wohl gern wagen, unser holz 
vorwiegend ein Weiß sein, ohne besonderen Schutz dem 
das je nach dem Geschmack Wetter auszusetzen, haben 
mehr ins Gelbliche, Bläu— mit unseren holzkonser⸗ 
liche oder Grünliche spielen vierungsmitteln ganz brauch⸗ 
wird. So lange man bei bare farbige Anstriche. Sie 
diesen Abtönungen bleibt sind es vor allem dadurch, 
und ausgesprochene Farben daß sie im Gegensatz zur 
für den Putz meidet, ist Hlfarbe das Holz nicht mit 
die Farbenwahl keine all⸗ einer langweilig gleich— 
zuheikle Sache. Damit soll mäßigen Schicht überziehen, 
nicht gesagt sein, daß auch ondern die tausendfältigen 
551
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.