Die Möbel müssen für ihre alten Tage schön bleiben. Es
ist auh ohne weiteres einzusehen, daß die Kinder und
die Feau, die viel im Stall bei den Siegen zu tun hat,
piel Schuutz in die gute Stube bringen wurden. Dies
dedeutet außßer der Muhe, das Essen und das Geschirr
oon der Kuche in die Siube zu tragen, eine erhedliche
Mehrarbeit. Kurz und gut, die Stube soll geschont
werden und die Srau hat kKeine Seit, sie auch noch durch
tägliche Reinigung instand zu halten. Unsere Ein—
wendungen, daß ooch der Raum brach liege, und daß es
doch oiel schöner und gemütlicher ware, in der Stube zu
wohnen, versteht sie nicht.
Diesem Mizstand kann der Architekt abhelfen, wenn
er Kuche und Wohnstube vereinigt zur Wohnkuche, mag
er sich auch einer Raumverschwendung bewußt sein, denn
auf die gute Stube darf er trotzdem nicht verzichten,
weil sie der Stolz der hausfrau ist und weil hier die
scchönen Möbel fuür Besucher zur Schau gestellt sind.
Damit soll nicht gesagt sein, datz die Sutte des Wohnens
in der Kuche in jeder Familie besteht, immerhin ist sicher,
daß sie in den unteren Schichten des Volkes vorherrscht.
Eine Mo lichkeit, die Leute zum Bewohnen der Stube
zu zwingen, besteht darin, die Kuche möglichst klein und
in engster Derbindung mit der Stube anzuocdnen, so daß
die Kuche zum Bewohnen keinen Platz bietet. Ob sich
aber die hausfrau unter diesem öwang wohl fuhlt, erscheint
seyr fraglich. Also ist die Mohnkuche das Ergebnis der
Uatersuchung. Sie soll zweckmäßig, jedoch so angelegt
werden, daß der Küchenteil, in dem herd und Spultisch
stehen und der mit Steinfußboden versehen ist, vom Wohn—
teil, in dem Tisch und Schrank stehen und der Holzfuß—
boden hat, möglichst getrennt ist.
Um den weiteren Raumbedürfnissen auf die Spur zu
kommen, erkundigen wir uns weiter, zunächst wo die
Amder schlafen, und erfahren, daß das einjahrige im
Ainderwagen und das dreijahrige im Kinderbenchen im
s5chlafzimmer der Eltern unergebrocht sind. Den gemaß
muß das Schlafzimmer genugend Raum für die Betten
der Eltern, mindestens eines Kindes, den Kinderwagen,
den Schrank und den Waschtisch haben. Das große
zwölfjährige Kind schläft nicht im vierten Raum, sondern
in der gaten Stube. Daodurch ist es möglich, dieses
1. Zimmer an einen Junggesellen zu vermieten, und die
gute Stube hat als Schlafraum ihre Daseinsberechtigung.
Die Frau führt uns jetzt in den Raum der vier—
füßigen Mubewohner, in den Siegenstall. Ihre Pflege
scheint ihr auzerocdentlich wichtig zu sein, denn sie liefern
ihr die Milch fur die Kinder und verschaffen ihr durch
den Verkauf der übrigen Milch eine schätzenswerte Ein—
nahmequelle. Das Futter wirft zu einem beträchtlichen
Teil der Garten und die anschließende kleine Wiese ab,
so daß die Unterhaltung des Viehs nicht zu teuer kommt.
Der Futterraum, der zur Abhaltung der Stalldünste
zwischen Stall und Wohnküche liegt, ist angefüllt mit Sutter
und einigen hausgeräten. hier steht das Handwägelchen,
das sie zur Hereinschaffung des Futters und zum Trans—
port der Gartenerträgnisse auf den Markt nötig hat. hier
ist auch der hühnerstall, der ihr durch Verkauf der Cier
Deld einbringt. Im Norfall kann sie auch noch ein Schwein
einstellen.
Die Frau zeigt uns jetzt den kleinen Keller, der von
der Küche aus bequem zu erreichen ist. Sie benützt ihn
außer zur Lagerung von Kohlen, Kartoffeln und des Most⸗
fasses auch zur Ausbewahrung der Milch und der Speisen⸗
oorräte. Das holz, das sie für den herd braucht, hat
sie im obersten Dachdreieck, in dem sie, wie sie erzählt,
auch noch Pratz hat. die Wäsche zum Trocknen aufzu—
ängen. Diese Erklärung veranlaßt uns, zu fragen, wo
ie überhaupt ihre große Wasche abhalt, da sie ja keine
Daschküche hat. Wir erfahren nun, daß das Geld beim
zau des hauses nicht gerreicht hätte, auch noch eine Wasch—⸗
zuche vorzusehen, daß sie sich aber sehr gut dadurch be—
selfen könne, daß sie Sommers ihre Wasche eben nach
em guten Wetter richte und im kleinen hof neben der
lüchenture wasche. Im Winter halte sie die Wäsche in
»er Küche ab, der herd sei so eingerichtet, daß sie auch
inen größeren Waschkessel aufsehen könne. Diese Vor—
ichtung sei sehr praktisch auch für den Fall, daß sie ein
Zad nehme oder ihre Umder bade. Wir sehen naäher zu
ind gewahren, daß die Badewanne unter dem Rüchentisch
teht, der als Klapptisch eingerichtet ist und an der Wand
sochgeklappt werden kann, eine sehr sinnreiche Cinrich⸗
ung. Bei der Badefrage erinnern wir uns, daß der
Imerikaner bei seinen allerkleinsien Häusern versenkbare
zadewannen einrichtet, die unter dem Rüchenboden an—
jebracht sind und mit einem holzdechel überdeckt werden.
jn solchem Fall muß naruürlich fur geregelten Ablauf des
Passers aus der Wanne gesorgt werden. Bei Besichtigung
es Herdes fallt uns angenehm auf, daß ein kleiner Gas—
erd angeschlossen ist, welcher nach der Außerung der
zrau gule Dienste leistet und die Arbeit des Feuermachens
bnimmt. Die Srau erzählt, daß die Gaskocheinrichtung
auptsächlich für die Nachbarin geschickt sei, die mit ihrem
sann in die Fabrik gehe und die zur Mittagszeit das
kssen, das sie abends Juvor zubereitet habe, einfach auf
»em Gas erwärme. Cine andere Frau, die ebenfalls aus—
pärts arbeite und keine Gaseinrichtung besitze, habe mit
der Kochkiste gute Erfahrungen gemacht. Sie koche
norgens vor dem Weggehen zur Arbeit die Speisen an
ind stelle sie dann in die Kochkiste, worin sie weiter⸗
zochen und mittags zur Essenszeit fertig seien.
Wir gehen nochmals die gerade einläufige Treppe
⸗mpor, die weitgehendste Raumausnützung ermöglicht,
ind gelangen zuerst zum Abort, der aus Gründen der
Zaumausnutzung in den 1. Stock gelegt ist. Die Frau
indet keinerlei Nachteile dabei, daß der Abort nach oben
zerlegt ist. Die ganze Famiie hat gesunde Beine, so daß
»as Treppensteigen nichts schadet. Das obere Simmer ist
in einen Invaliden vermietet, der es sehr angenehm
empfindet, daß er, um zum Abort zu gelangen, keine
Treppe steigen muß. Beim Nachbar ist es anders; der
hat den Abort im Erdgeschoß, weil er im Kieg ein
zein verloren hat und das Treppensteigen ihm be—
chwerlich fallt Schluß folgt.
zi Die K.
Kurse für verstümmelte Duzernamele
8r1 für Gewerbe
kAngehörige des Baugewerbes. ozee
erunstaltei seit Marz 1915 Kurse für versrümmelte Ange⸗
sörige des Baugewerbes. Dieselben stehen unter der
deitung der Beratungsstelle für das Baugewerbe
ind sollen den Zweck haben, Bauhandwerker, welche in⸗
olge ihrer Verletzung ihren erlernten Beruf nicht mehr aus⸗
iben können. zu einer verwandten Tätigkeit heranzubilden
für das Baugewerbe
Die Beratungsstesse] erteilt den Angehörigen
amtlicher Sweige des Baugewerbes, sowie Staats- und
hemeindebehorden Rat in allen künstlerischen und technischen
jedoch grundsätzlich nicht in baupolizeilichen und rechtlichen)
Fragen. Sie überarbeitet oder begutachtet Skizzen, Ent—
vürfe und Detailzeichnuungen. Mündliche Auskünfte (auch
elephonische) kostenlos Dienstags und Donnerstags von
33214/37 Uhr nachm., Freitags von 9—/31 Uhr vorm.
in dem Gebäude Kanzleistraße Ur. 2600 in Stuttqart.
Derantw. Schriftl Oberbaurat PaulSchmohl Dir. d. K. Baugewerkeschule, Vorst. d. Beratungsstelle f. d. ßBaugewerbe; Verl.v. Wilh. Meyer-Ilschen
Ruck von Carl Grüninger, sämtl. in Stuttgart. — Für d. Bezieher d hewerbeblattes a. Württemb. unentgeltl. Im Buchhandel M. 3.50 iähr⸗