zibt es so vieles zu sehen an kunstvollen Eisen- und Blech⸗
arbeiten, an Gittern, Zäunen, Toren, an Aushängschilden
und Kreuzen, Schlössern und Beschlägen, an Wasserspeiern,
Kähnern und Rinnenkesseln. Der Meister des Pinsels und
Farbtopfes endlich findet Anregung an den bemalten Haus⸗
wänden und den Bauteilen wie Türen, Läden und Schilder;
für bemalte Innenräume und Möbel hat er besondere Vorliebe.
Wer mit Gewinn wandern will, der besehe sich diese
Schätze alter Handwerkskunst nicht nur oberflächlich und in
der Gesamtwirkung, sondern beachte auch die dabei verwen⸗
deten Baustoffe und die damalige Formgebung und Be—⸗
arbeitung und den Aufbau im Zusammenhang und im ein⸗
zelnen, ferner die Oberflächenbehandlung, die seitherige Halt⸗
barkeit usw. Aufschriebe in dieser Nichtung sind für se —
Bauleute und Handwerker wertvoll. Doch gibt das Beste
hiezu eine getreue Naturaufnahme in Blei oder Farben⸗
zeichnung mit Maßeinschrieben und Anmerkungen, sofern
nicht billige Abbildungen erhältlich sind oder selbst photo⸗
zraphisch hergestellt werden können. Für Anfänger ist es
am besten und rätlich, vorwiegend praktische Heimatberufs⸗
funde zu treiben. Er wird den Bauten und Werken nach—
gehen, die in ähnlicher schwerer Zeit wie die unsrige, gegen⸗
wärtige erstanden sind. Er wird heute die Einfachheit auf⸗
suchen und daraus Vorbilder auswählen, die für unsere
heutigen einfachen Bedürfnisse fruchtbare Anregung geben
önnen. Nicht durch gedankenlose Nachahmung sondern in
oerständigem, sachgemäßem Neuschaffen für die heutigen
Bedürfnifsse. Hiezu eignen sich die Bauten unserer Vor⸗
fahren des vorigen Jahrhunderts bis in die 8dOer Jahre
herein. Politische Niederlage, Hunger und Armut war das
Schicksal der Heimat. Es wurde mit Würde getragen und
bestimmte die ganze Baugesinnung. Da finden wir so vieles,
was uns heute bei unserer Armut wertvoll ist. Anspruchs⸗
losigkeit, Einfachheit im Grundriß, Aufbau und Masse,
Ruhe in Gliederung, Baustoff · und Farbverwendung. Ferner
Einheitsmaße( Normen nennen wir's heute) für Fenster, Läden,
Zeichnungen von Karl Bertsch
in Stuttgart
Türen mit Zubehör wenigstens an demselben Gebäude, aber
uch an mehreren Gebäuden in der Nähe zugleich; einfachfte
iber vornehme Formen vom Großen bis zum Kleinen, so⸗
ide gute Arbeit bei besten Baustoffen. Und dann der Schmuck
nit Grün, die Dorflinden und Eichen, die kletternden Wein⸗
ruben, die Kugelbäume, Oleander in Kübeln vor den Häu—
ern, die Fenster und Gesimse im prächtigen Blumenschmuck.
dazu die liebevolle Pflege des Ganzen, die blanken Fenster⸗
heiben, das glänzende Messing an den eichenen Haustüren,
rein gehaltene Höfe, Straßen und Plätze, springende Brun⸗
ien usw. Sonnenlicht und Schatten darüber verteilt und
iber dem allem der lachende, blaue Himmell Doch ist's nicht
ut, nur dem rein Beruflichen allein nachzugehen. Der freie
Blick über den Berufszaun hinaus ist nötig, um andere zu
erstehen und von andern zu lernen, um gemeinsam mit andern
»ie uns zufallenden neuen Kulturaufgaben unserer Zeit
eibungslos zu erfüllen. Dazu gehört ein UAeberblick über
»erwandte u. a. Berufe und deren Schaffen in unserer Zeit,
ein aufgeschlossener Sinn für alles Schöne, überall in der
ꝛandschaft mit ihren Straßen, Wegen und Gewässern,
Bergen und Tälern, Wiesen, Feldern und Wäldern und
vas in ihnen lebt und webt.
So lernen wir unsere Heimat kennen, erwerben im Geiste,
vas wir von unsern Vätern an Schätzen geerbt und be⸗
ruchten damit unser eigenes Schaffen. So lernen wir auch
ie Heimat schätzen und schützen, d. h. Heimatschutz treiben
eim eigenen Neuschaffen, wie bei fremdem. Und lernen
ins wehren gegen jede tatsächliche und geplante Verschande⸗
ang derselben. — „Die beste Bildung lernt der Mensch
iuf Reisen“, sagt Goethe und das ist wohl ein Grund, warum
insere Fachschulen und Förderungsanstalten Stipendien für
erfolgreiche Berufsstudien auf Reisen und Wanderungen
an strebsame Leute heute noch geben.
Die Beratungsstelle für das Baugewerbe ist bereit, Rat⸗
schläge zum Wandern im Interesse des Berufs an Bauleute
und Handwerker zu erteilen.
Abb. S. 31 aus Darmstadt
Abb. S. 32 aus Wimpfen a. B—
464 Herausgegeben vom Bund für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern.
Schwäbisches Heimatbuch. Wir freuen uns, daß es dem Bund trotz der schwierigen Wirtschaftsverhält—
nisse gelungen ist, auch heuer ein Jahrbuch herauszugeben. Es ist auch diesmal sehr reichhaltig gestaltet und mit zahlreichen
Abbildungen ausgestattet, daß es allen Heimatschutzfreunden zur Anschaffung warm empfohlen werden kann, soweit sie nicht
durch erwerben der Mitaliedschaft sich den ständigen Bezug desselben sichern. Eine eingehende Besprechung des Buches folgt.
Verantw. Schriftl. Oberbaurat Paul Schmohl, Our. d. Baugewerkeschule, Vorstand d. Beratungsstelle f. d. Baugewerbe; Verlag und Auslieferung Eugen Wabl
Bauzeituna). Sedanstr. 163 Druck von Carl Grünin«aer Nachf. Ernst RLett, fsämtliche n Stuttgart.