Full text: Bauplatz und Werkstatt / Monats-Zeitschrift der Staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1936, Bd. 31. Heft 1/2)

Die Bedeufung der 
Wettbewerbe für 
Baukunst und 
Architektenschaft 
Wettbewerbe in der 
Zeit nach dem Krieg 
Anordnungen der 
Reichskammer der 
bildenden Künste 
Die Wettbewerbsaufgabe soll begrenzter Natur sein und wird in der Regel 
zweckhafter, konkreter Natur sein. Innerhalb dieses Konkreten wird sie entweder 
nehr nach der künstlerischen oder praktischen Seite hinneigen. Die höchsten 
zünstlerischen Forderungen werden sich naturgemäß dort zeigen, wo die Volks- 
Jemeinschaft, der Staat, die Partei, eine religiöse Gemeinschaft oder sonst eine 
yroße Institution als Auftraggeber auftreten. Hier sind die Entscheidungen auch 
ım verantwortungsvollsten, denn hier gilt es abzuwägen, was an künstlerischer 
’ormgebung für den Augenblick und für die Zukunft den Vorzug verdient. 
"roß dieser verschiedenen und großen Schwierigkeiten kann uns der öffentliche 
Nettbewerb heute immer noch als der beste Weg zur Feststellung und Auslese 
ıiner Spigenleistung, aber auch als ein Weg zur Herausstellung von neuen Ideen 
arscheinen, auf den wir nicht verzichten können. Um gerade diesen Zweck und 
las Wesen der Wettbewerbe nicht verloren gehen zu lassen, wäre immer darauf 
zu achten, die Wettbewerbsbedingungen in jeder Richtung so zu gestalten, daß 
ie dem jeweiligen Fall auch bei weiter abliegenden Aufgaben angepaßt werden 
<önnen, da erfahrungsgemäß jede Aufgabe wieder anders gelagert ist und einen 
ınderen Verlauf nimmt. 
"Finden die Wettbewerbe eine derartige Auffassung und Handhabung, so werden 
sie stets ein Ausleseverfahren bilden, das der heranwachsenden Jugend Mög- 
.ichkeiten bietet hervorzutreten. Damit wirkt er wie eine Art von Jungbrunnen 
tür den Berufsstand und verliert den ominösen Beigeschmack, ein Mittel zu bilden, 
ım dem routinierten erfahrenen Berufskollegen zu Aufträgen zu verhelfen. Dies 
iichert dem allgemeinen offenen Wettbewerb seine Berechtigung. Gleichzeitig 
st es der Zweck des Wettbewerbs, die beste Lösung der gestellten Aufgabe zu 
inden.Diese Forderung steht nichtimGegensat zur eben geschilderten,sondern ist 
yleichlaufend mit der Auslese der Spigenleistung. 
3Zetrachtet man die Zeit nach dem Krieg auf diese Ausführungen hin, besonders 
was damals in den Bauwettbewerben vorging, so kann gesagt werden, daß von 
ler Architektenschaft in diesen Zeiten eine Fülle von Ideen geboten wurde, die 
caum zu übertreffen war. Man denke an irgend einen der größeren deutschen 
Wettbewerbe z. B. die Ulmer Münsterplagbebauung, die Brückenkopfbebauung 
in Köln oder andere. 
Vieles aus dieser Zeit werden wir zwar heute ablehnen, aber im Vergleich wird 
man doch zugeben müssen, daß unsere heutigen Wettbewerbe „ideenbrav” ab- 
‚aufen. Der Abstand zwischen den Spigenleistungen und dem Allgemeinniveau 
war früher bedeutend größer. Heute sind die Leistungen ausgeglichener, es 
<ommen lang nicht so viele ausgefallene Entwürfe zum Vorschein und die Preis- 
Träger stürmen nicht mehr um viele Nasenlängen voraus. Wenn man dafür eine 
irklärung sucht, so könnte es diese sein, daß durch eine engere Zielsegung im 
Sulturellen gerade in der Architektur auch eine formelle Verengung sichtbar 
vird. Eine Nivellierung der Form wird notwendigerweise anhalten, solange die 
"ormen keine Wertungen in sich tragen. Trogdem bleibt aber bestehen, daß wir 
Nettbewerbe notwendig brauchen, eben damit diese stillgelegten Wasser wieder 
n Bewegung kommen und einer gesunden Entwicklung zu dienen vermögen. 
Die Art und Weise, wie Bauwettbewerbe in Deutschland heute abzuwickeln 
sind und entschieden werden sollen, ist in den „Grundsägen der Reichskammer 
l.b.K. für das Verfahren bei Wettbewerben auf dem Gebiet der Baukunst und 
les Städtebaus” festgelegt. Vieles von den Anordnungen wurde schon immer 
ın ähnlicher Weise geübt. Der frühere Bund Deutscher Architekten hatte eine 
Zusammenfassung der Grundsäge im Jahr 1927 veröffentlicht. 
Die Frage, was von ihnen in der heutigen Neufassung noch dem Geist der 
aeuen Zeit entspricht, ist naheliegend und soll beleuchtet werden. Daß der Grund- 
stock als überlieferte Erfahrung zu gelten hat, ist schon vorne gesagt worden. 
Die Hauptpunkte der Grundsägße dürfen wohl als bekannt angesehen werden. 
s soll aber an dieser Stelle doch ein kurzer Überblick über die Neufassung in 
Stichworten wiedergegeben werden, damit sich der Leser vergegenwärtigt, wie 
viele Vorkehrungen aus früheren Erfahrungen heraus in den Grundsäten der 
Reichskammer ihren Niederschlag gefunden haben. 
Fortsetgung folgt
	        
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