Full text: Bauplatz und Werkstatt / Monats-Zeitschrift der Staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1936, Bd. 31. Heft 1/2)

Abb. 11. 
VERBELIN 
ProvinzSachsen 
Die Auffindung eines solchen Prinzipes, wie es der Kreis als Ausdrucksform des 
Jemeinschaftsbildenden Elementes ist, hat zur Folge, daß nun unsere Aufmerk- 
3amkeit sich der Vergangenheit zuwenden kann, um in ihr Beispiele für die 
Richtigkeit dieser Anschauungen zu finden, Es kann uns dabei zur Klarheit 
werden, daß wenn heute um solche Raumprobleme gerungen wird, dies aus 
dem Grunde geschieht, weil unsere Zeit instinktlos geworden ist. Diese Instinkt- 
losigkeit hat uns dem Intellekt ausgeliefert. Er läßt uns das gemeinschaftbildende 
Prinzip nicht erkennen. Damit ist aber nicht gesagt, daß dieses Prinzip nicht schon 
l!rüher seine unbewußte, eben deshalb instinktive Anwendung erfahren hat. 
Fragen wir uns, wo und wann die Vergangenheit dafür Beispiele aufzeigt, sc 
werden wir in die Zeiten zurück verwiesen, in denen deutsche Volksgenossen 
ıhre Heimat verließen, freiwillig oder gezwungen. Im Banat, in den Sudeten 
ader in Siebenbürgen treffen wir sie wieder. Der Anlaß ihres Wegzuges odeı 
auch die Erlebnisse solcher langen Wanderschaften mit all ihren Gefahren und 
sonstigen Mühen ließen diese „Auswanderer“ nicht nur zu einer Reise- und 
Wandergemeinschaft zusammenwachsen, sondern diese Verbundenheit fand 
ıhren festen, fast unzertrennlichen Ausdruck da, wo sie sich niederzulassen ent- 
schlossen haben. So können uns derartige Niederlassungen oder „Siedlungen“ 
heute eine Bestätigung dafür sein, daß eben aus solchen Ursachen heraus Raum- 
ardnungen geschaffen werden, die heute nicht zwangsläufig sich zu bilden haben, 
sondern, die dem Willen und dem Wunsche entsprungen sind als Menschen 
eines einigen Volkes, „Volksgenossen” in einem bestimmten Raume des Heimat: 
‚andes in Gemeinschaft zu leben. Und dementsprechend finden wir in diesen 
Gegenden Siedlungen, wie sie die Abbildungen 9-11 zeigen. 
Betrachten wir sie näher, so sehen wir die eine (Abb. 9) in reiner Kreistorm aufge 
baut. Der Mittelpunkt wird von einem Brunnen gebildet. Wer dies tief genug zu er 
iassen weiß, wird gerade diese Gestaltung in der richtigen Weise zu beachten 
wissen. Natürlich kann ohne zu viel Nachdenken festgestellt werden, daß dies 
wohl eine aus der früheren Heimat übernommene und liebgewordene Gewohn- 
neit sein kann. Wir haben ja bei uns auch überall den sogenannten Markt- 
odrunnen, manchmal auch Rathausbrunnen. Auf alle Fälle kommt ihm auch bei 
ıns die Stellung und Bedeutung eines Ortsmittelpunktes zu. Und eben darin 
‚ag an sich schon ein außerordentlich starkes gemeinschaftbildendes Moment. 
Abbildung 10 zeigt eine mehr viereckige Anlage. Auch ihr kommen ge- 
meinschaftsbildende Kräfte zu. Sie erhielten in der damaligen Zeit noch eine 
Verstärkung dadurch, daß die Kirche in den Mittelpunkt gestellt wurde. Schule 
und Rathaus stehen ihr gegenüber. 
Abbildung 11 zeigt eine Rundanlage in unserem eigenen Lande. Sie wird jedem 
Betrachtenden alles in der Anschauung aufweisen, was in den vorausgehenden 
Zeilen mehr theoretisch ausgeführt werden konnte. 
Fortsegung folg1 
Monats&ch rift „Bauplats und Werkstatt” 31. Jahrgang Nr. 4, Stuttgart April 1936
	        
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