‚espektiert werden. Der Verkehr mit der Außenwelt wird Befürchtungen in dieser
ATinsicht sofort zerstreuen. Auch eine uneingeschränkte Anwendung des Kreis-
arinzipes ist infolgedessen keinen Bedenken ausgesett.
Dieselben Schwierigkeiten wird auch die Ausgestaltung des Mittelpunktes einer
Siedlung aufweisen. Dabei soll der Gedanke erwogen werden, ob es nicht
mehrere Mittelpunkte zu sein haben. Und zeigen wird sich, daß sie im voraus
wohl nicht festgelegt werden können. Die geistigen Bedürfnisse und das Leben
in einer Siedlung werden bestimmend und ausschlaggebend sein.
Mit diesen beiden Forderungen sind nun aber die Ansprüche, die an das Archi-
;ektonische aus einem Gemeinschaftsbildenden gestellt werden können, noch
nicht erschöpft. Das Haus selbst, seine Stellung zum Nachharhaus und zum
Ganzen, dem es angehört, sollen im weiteren betrachtet werden. Was darüber
gefunden werden kann, wird zwar nichts Neues sein; aber es kann uns gerade
im Hinblick auf eine Raumgestaltung einer Siedlung recht aufschlußreich und
wichtig erscheinen. Wiederum soll die Vergangenheit als Lehrmeisterin und
Führerin herangezogen werden. Gehen wir zurück bis ins Mittelalter und seine
nach rückwärts angrenzende Zeit, so stoßen wir auf eine Anschauung vom Haus,
zei es Wohnhaus, Rathaus oder sogar Kirche, die es wert ist zu neuem Leben
wachgerufen zu werden. Es wird dies für uns um so dankbarer sein, als wir damit
die Grundhaltung der in unserer Zeit geltenden nationalsozialistischen Betrach-
:ung der Umwelt einnehmen.
Gehen wir in frühere Zeiten, bis zum Mittelalter zurück, so finden wir das Haus
ıls Ausdruck, als Gestaltungswillen seiner Bewohner. Immer wurde das Haus als
sine Einheit aufgefaßt,in dem seine Bewohner sozusagen eine Gesamtheit bildeten.
So zeigte jedes Haus einen Gesamtcharakter, den man besonders in damaliger
Zeit als Hausgeist angesprochen hat. Das Haus selbst wurde wie etwas Wesen-
ıaftes betrachtet. Es war, bildlich gesprochen, ein großer Mensch. Es ist ja heute
aoch üblich vom Gesicht eines Hauses zu sprechen und vor allem hat sich in
ler Sprache das Bild vom Hauskörper und Baukörper erhalten. Unsere Zeit
hat sogar ein Buch herausgebracht mit dem Titel: „Häuser sehen uns an”. Damit
ıaben wir schon Wesentliches angeschlagen. Der große Unterschied von Gegen-
wart und Vergangenheit drückt sich in all dem aus. Dementsprechend wurde
die Stellung der Häuser zueinander bestimmt. Sie war festgelegt dadurch, daß
die Menschen selbst das Vorbild dazu abgaben. Wie diese auf einem Plag zu-
sammenkamen, sich begrüßten und sprachen, das gab Veranlassung den ganzen
Marktplag darnach zu bilden, Alle Häuser, die ihn umsäumten, mußten ihr Ge-
sicht, ihren Giebel dem Platz zukehren. Das Rathaus war damals in den weitaus
meisten Fällen so gestellt, daß die Giebelseite im Blickteld von allen Seiten des
Marktplates lag. Die umliegenden, den Marktplatg abschließenden Häuser hatten
lasselbe Bestreben. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Häuser wollten
3änander ins Gesicht sehen. Geradezu das Gesicht seines Hauses zeigte man.
in Schwaben, das ja schon in früheren Zeiten als Volksstamm Wesentliches zu
sagen und zu bieten hatte, zeigte sich auch in dieser Hinsicht ein Bedürfnis nach
ainer wahrhaftigen, tief mit dem Orts- und Volksganzen verbundenen Ausdrucks-
weise, die rückschauend stets gerne und mit Wohlgefallen betrachtet werden
ann. Seine Volksverbundenheit schuf auf diese Weise eine Anzahl der schönsten
Marktpläge. Und überall, ob wir nun Stuttgart oder Eßlingen, Reutlingen oder
Schorndorf betrachten, hat es der Schwabe verstanden, im Marktplatg mit seinen
vegrenzenden Häusern das auszudrücken, was man bei jeder Ansammlung von
Menschen auf ihm beobachten kann: die Gesichter einander zugekehrt. Das
Aathaus präsentiert sein Gesicht, seine Giebelfläche, und alle Häuser drum herum
stehen mit den Giebeln ihm zugewendet. Häuser sehen sich an: der Marktplatz
alter Zeit, in der Städte gebaut, wirklich gebaut wurden, und alles den tiefen Sinn
des Menschenwesens und seiner Zugehörigkeit zu einem Ganzen in seine Ge-
staltung hineintrug. Auch heute noch läßt der Marktplatg in Stuttgart ein wenig
davon zurückschauend ahnen. Wir können es verstärken, indem wir das alte
Bild von ihm in der Erinnerung tragend ihn betreten und wir begreifen wieder
die schöne Bewegung der Giebel, das Gesicht seiner Bürger im Großen, in einem
anderen Material und in einer andern Formgestaltung. An sich könnte dies beim
Rathaus als eine gewisse Selbstverständlichkeit erscheinen, denn es war doch