RÜCKBLICK
Die Zeitschrift der Württ. Beratungsstelle für das Baugewerbe „Bauplatz
ınd Werkstatt” erscheint mit Beginn des Jahres 1936, dem 31. Jahrgang ihres
Bestehens, in etwas veränderter Form. Neben allgemeinen Mitteilungen werden
fortlaufend die beiden erwähnten Hauptstoffe behandelt.
30 Jahre lang hat die Zeitschrift ihren Dienst für die Württ. Technikerschaft
und darüber hinaus getan. Die Mitteilungen in „Bauplatz und Werkstatt“ stan
den immer in enger Wechselwirkung mit der Arbeit der Beratungsstelle. Auch
die beiden neuen Stoffgebiete im Siedlungswesen und im Industriebau ergaben
sich aus unserer Beratungstätigkeit. Was unsere Zeitschrift in den letztvergangenen
Jahren 1925-1935 anstrebte, soll dem neuen Leserkreis in einem kurzen Rück- und
Yeberblick dargelegt werden. Unser Grundsatz war von jeher und soll weiterhin
sein: „Nie wollen wir mit dem eigenen Stand in Konkurrenz treten, sondern es
muß im Gegenteil durch unsere Arbeiten und Anregungen immer der Gedanke
der Förderung des Berufsstandes und der Nutzen für die Allgemeinheit zum Aus-
druck kommen.“ Der Unterschied zwischen einer Behörde und einer Beratungs-
stelle, die nur durch Anregungen und Ratschläge überzeugen will, ist vor
allen Dingen in seinem ganzen Charakter zu betrachten. Mit den Einzelberatungen
wurde stets ein doppelter Zweck verfolgt. Einmal dem Ratsuchenden durch prak-
tische Vorschläge zu einer besseren Lösung zu verhelfen und zweitens Erfahrungen
auf diesem Gebiete zu sammeln, die dann in Form von Veröffentlichungen allen
Baugewerbetreibenden wieder zugute kommen. Die Einzelberatungen wurden bei
einer genügenden Zahl von Fällen in Form von Heften zusammengefaßt, in
denen das Kernmaterial in möglichst erschöpfender praktischer und anschaulicher
Weise dargeboten wurde. So entstanden die Hefte: „Muster-Turnhallen“,
„Freibadeanlagen“, „Friedhofpflege in Württemberg“, „Holz
und Holzbau”, „Kleinst-Wohnungen“”, Merkblätter über württ. Natur-
steine, über dieneuenBaugesetze,das „Baumerkblatt”, die „Grund:
lagen für das Deutsche Bauschaffen“ u. a. m. Sie erleichterten die
Beratungstätigkeit, wie es bei dem viel zu kleinen Personalstand nötig war, indem
man dem Ratsuchenden das betr. Heft in die Hand gab und lediglich Ratschläge
für seinen besonderen Fall hinzuzufügen hatte. Immer stand die gewerbefördernde
Aufgabe im Vordergrund. Wie viel Zeit und Kraft kann zugunsten der wirklichen
Arbeit des Architekten, Technikers oder Handwerkers gespart werden, wenn nicht
jeder einzelne sich alle Unterlagen von Grund auf selbst erarbeiten muß! Die
Einheitlichkeit der Baugesinnung, die sich hierdurch für das ganze Land
ergab, war eine wichtige kulturelle Auswirkung unserer Arbeiten. So
setzte sich zum Beispiel unsere vor ungefähr 10 Jahren erschienene Veröffent-
lichung über „Sonnenwinkel“ so stark durch, daß heute in Württemberg die
Forderung nach genügender Besonnung der Haupträume eines Hauses („3 Stunden
Wintersonne!”) überall durchgedrungen ist.
Alle technischen Erfahrungen, die sich bei den Beratungen ergaben,
sind seit dem 1. Januar 1931 in fortlaufenden Abschnitten nach den handwerk-
lichen Vorgängen am Bau in systematischer Folge in der „Baukunde für die
Praxis“ wiedergegeben worden. Die beiden Bände: „Rohbauarbeiten“” und „Aus-
bauarbeiten“” haben überall, wo sie bekannt wurden, so guten Anklang gefunden,
daß die an sich hohe Auflage nicht ausreicht. Sie sollen auch der Verständi-
gung der verschiedenen Handwerker untereinander dienen;
sine wichtige Forderung für den Handwerkerstand selbst.
Die Anregungen, die wir unseren Lesern in den vergangenen 10 Jahren geben
konnten, bewegten sich auf den verschiedendsten Gebieten. Unter anderem erin:
nern wir an die Aufsätze über eine neue Handwerksgesinnung von
Dr.-Ing. Felix Durach, die im Jahre 1929 unabhängig von der bedeutsamen Arbeit
Dr. Arnholds erschienen sind, dem heutigen Reichsleiter des Amtes für Arbeits-
führung und Berufserziehung in der DAF. und von ihm als zielstrebend im
gleichen Sinne anerkannt wurden. Unsere früheren Bestrebungen, den Klein-
wohnungsbau zu fördern, wodurch eine automatische Freiwerdung mittlerer
und größerer Wohnungen erreicht werden soll, werden vielleicht von neuem
zeitgemäß.
Hingewiesen sei auch auf die neuartige Betrachtung der Farbe im Innen
and Außenbau des Hauses von Fritz Klein, Stuitgart, und seine Anregung,
durch helle oder dunkle Farbitonzonen das Bild der Städte harmonisch zu gestalten
Auch diese Gedanken wurden neuerdings in Norddeutschland aufgenommen.
Viele weiteren Beiträge wären gleich den oben genannten mit nochmaligem Dank
an die Verfasser zu erwähnen.
Mit dem kurzen Hinweis auf die in unserer Zeitschrift erschienenen Arbeiten über
Lichtzuführung im Fabrikbau von Professor Maier-Leibniz, über Wärme und Schall
im Wohnbau von Professor Reiher, über Siedlung von Professor E. Wagner, Deger-
loch, über Materialprüfung von Professor Graf möge die Rückschau beschlossen
werden. Wesentliches und Wichtiges zu bieten und Anregungen
aufneuen Gebieten zu geben, wenn sie der Gesundung und dem Fortschritt
des Bauhandwerks dienen können, war der Sinn unserer Veröffentlichungen, Aus-
stellungen und Vorträge. Alles dies wuchs aus den in die Tausende gehenden
Einzelberatungen dieser 10 Jahre als Nebenarbeit heraus. . 6a
Die Schriftleitung.