Abb. 34
Rembrandt: „Fauft”
ich nach oben fchraubt. Das bermirkt, daß die Treppe zwei künftleriiche Eindrücke Mark
jervorruft: man hat nicht das Gefühl, daß fie im nächften Stockwerk endigt, und man hat
den weiteren Eindruck, daß ie fich in fich felbft trägt. Dazu helfen die mundervollen Hell=
Junkelabtönungen und die falt gotikche Steilheit mit. Nun: ein Philofoph baut fich in Ge=
danken ein in fich beruhendes, von Stufe zu Stufe gelichertes Gedankenfyftem, das Ihn zu
den Höhen des Daleins führt, das aber Mtets auf dem Boden der gelicherten Erdenerkenntnis
auffest. Das ift bildlich gefehen „der Weg des Philorophen”. Er Meigt in Gedanken die
Höhen hinauf und in die Tiefen, während ‚ein „Heiliger“ ohne diefle Sehnfucht im ein=
itrahlenden Lichte, in der Erleuchtung lebt.
Ein meiteres, bekanntes Bild Rembrandts offenbart diefe Art feiner künftlerifchen Geniali=
ät, - im vorliegenden Zufammenhange auch in den Fenfterformen. Es ift die Darftellung
eines Mannes, der um Erkenntnis ringt, der aber meder Heiliger, noch Philoloph, noch
Gelehrter im Spezialberuf ift: Fauflt.
Der Goethe’fche Fauft mar um die Zeit, als Rembrandt diefes Bild malte (um 1625) noch
nicht gefchrieben. Und doch könnte man meinen, daß Rembrandt den Fault Goethes da=-
nit illuferiert hätte, - fo fehr ftimmen beide Darftellungen überein. Fault befchwört den
Erdgeilt. Etwas nach vorne gebeugt, als molle er fich erheben, fteht Fauflt vor feinem
Tilche, auf dem das große Buch des Noftradamus ausgebreitet ift. Dielem entnimmt er
die Befchwörungsformeln, als deren Folge das Bild des Tierkreiszeichens aufleuchtet. Es
iteht im Fenfter. Diefes erhellt den Raum. Es hat viereckige Form. Diefe Form ift uns
aus den früheren Darlegungen ihrem Formlinne nach fchon bekannt, als Form, die mit dem
Irdifchen zu tun hat. Und dennoch mirkt das Fenlter durchaus anders als eine alltägliche
Vierecks=FenlterzForm. Das liegt vor allem an der befonderen Art der Teilung dieles