Adolf Loos, der große österreichische Handwerksförderer, dessen Weitblick
sich immer wieder erweist, war zeitlebens ein Vorkämpfer des sparsamen Um-
gehens mit Werkstoffen. Sein Feingefühl spürte die Wunder der Naturkräfte in
jedem Stück Holz und Stein, Er hat die Notwendigkeit und Sparsamkeit und die
Auswirkung der Verschwendung in packender Weise klargemacht, indem er
zor vielen Jahren folgende sarkastische Betrachtung anstellte :
Die Kunftgemerbler lagen: „Ein Konfument, der gezwungen ift, fich alle
zehn Jahre einrichten zu laffen, ift uns lieber als einer, der fich einen
Zegenftand erft dann kauft, menn der alte aufgebraucht ift. Die Indultrie
aerlangt das. Millionen merden durch den rafchen Wechfel befchäftigt.”
Wie oft hört man beim Ausbruch eines Brandes die Worte: „Gott ei
Dank, jest haben die Leute mieder etwas zu tun!” Da weiß ich cin gutes
Mittel. Man zünde eine Stadt an, man zünde das Reich an, und alles
chmimmt in Geld und Wohlftand! Man verfertige Möbel, mit denen man
1ach drei Jahren einheizen kann, meil man felbft im Verlteigerungsamt
nicht einmal ein Zehntel des Herftellungspreifes erzielen kann, und wir
verden reicher und reicher.
Deutschland verfügt bekanntlich über große Waldungen und Vorräte an Holz
ınd troydem muß einmal in Voraussicht auf die Zukunft und mit Rücksicht auf
die Gegenwart die Frage an das Baugewerbe gestellt werden: „Wo wird heute
Holz unnötigerweise und nutglos verbraucht?“
Es wird sich als tunlich erweisen, wenn wir uns diese Frage schon jett stellen —
sozusagen am grünen Holz — damit wir vorsorgen und vorbeugen können,
ehe eine Dringlichkeit uns unvorbereitet trifft. Es ergeben sich dabei folgende
Gedankengänge, die wir als Anregungen zur Fragebeantwortung ansehen und
die nach verschiedenen Richtungen hin erweitert und vervollständigt werden
sollen.
Selbstverständlich darf das Sparen mit Holz niemals auf Kosten der Standsicher-
aeit und Zuverlässigkeit der Konstruktionen gehen. Das ist eine bei allen Teilen
'estzuhaltende Voraussegung, die wir nicht mehr im einzelnen besonders
Jetonen brauchen.
Sicherlich kennt der Mann der Praxis, der Mann vom Bau eine Reihe von Fällen,
wo entweder an Holz gespart oder Holz durch einen anderen Werkstoff ersett
werden kann. Letteres kommt aber für uns nur in Frage, wenn der Ersat durch
»inheimische reichlich vorhandene Werkstoffe möglich ist.
Wenn wir im Folgenden eine Anzahl Beispiele anführen, so ist ihr Zweck ledig-
lich der, dadurch Anregungen zu geben und die Leserschaft aufzufordern,
weitere Fälle in möglichst vielseitiger Art aus dem gesamten Gebiet der Bau-
praxis (Hochbau einschließlich innerem Ausbau) beizubringen, die dann im
Preisausschreiben bewertet werden, und zwar nicht nur im Holz, sondern für alle
anderen Werkstoffe ebenfalls.
Der ingenieurmäßige Holzbau. Sein Kennzeichen ist, daß alle Querschnitte
gerechnet werden und nur der normale zweckentsprechende Sicherheitsfaktor
ainzugefügt wird.
Damit ist schon gesagt, daß hier Sparsamkeit in einer idealen Art betrieben
wird. Nirgends zu viel, nirgends zu wenig vom Werkstoff Holz. Es kann nur
die Frage aufgeworfen werden, ob Verbindungsteile vorteilhafter etwa aus ande-
rem vorhandenem Werkstoff als aus Holz (Aluminium 2) herzustellen wären
Jnd weiterhin die Frage, ob der Sicherheitsfaktor nicht übertrieben hoch ist
Doch gerade die legtere Frage sollte heute nicht gestellt werden, denn die Zu-
rerlässigkeit der Konstruktionen muß unandgetastet bleiben.