Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Monats-Schrift der staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (1937 / Sonderdruck)

Das Schwinden bei den verschiedenen Holzbausystemen. 
Die alte Fachwerksbauweise. 
Der Fachwerksbau hat im vielfältigen Verlauf der 
Bauentwicklung in Deutschland bis jegt immer wie- 
der seine Lebensfähigkeit bewiesen und sich einer 
großen Beliebtheit erfreut. Bei ländlichen Bauten ist 
er auch heute noch unentbehrlich. 
Als besonders starker Nachteil der althergebrachten 
Fachwerksbauweise wurde aber stets das starke 
Schwinden des Holzes rechtwinklig zur Faser em- 
pfunden, das hier allerlei Schäden nach sich zieht. 
Eine Hauptursache dafür ist die Art des stockwerks- 
weisen Aufbaus, bei dem jedes Stockwerk für sich 
und in sich abgebunden wird, Durch die hiedurch 
verursachte starke Anhäufung von Querholz, wie 
es durch die bekannte Anordnung von Schwellen, 
Pfetten und Balken geschieht, wirkt sich das Schwin- 
den zusammen mit der Pressung der Hölzer in stärk- 
stem Maße aus (s. Abb. 74*). Bei einem dreistockigen 
Fachwerksgebäude beträgt z.B. die gesamte Höhe 
des Querholzes aus Schwellen - Pfetten - Balken 
schon 1,10—1,30 m. Das Schwindmaß für das übliche 
zum Bauen verwendete Nadelholz beträgt, frisch 
geschnitten verarbeitet 6—10°%, Nehmen wir für 
frisches Holz nur einen Durchschnittswert von 5%, 
so ergibt sich für ein dreistöckiges (nach der alten 
Konstruktion) erstelltes Fachwerksgebäude ein 
Schwindmaß von 5—6 cm, dazu kommen noch die 
Einpressungen der Pfosten in das querlaufende Holz 
der Schwellen und Pfetten. Dieses Einpressen kann 
durch ungleiche Lastverteilung, sowie durch zu 
schwache und teilweise zu kurze oder ungleich ge- 
stellte Pfosten oft sehr einseitig erfolgen. An alten 
Fachwerksgebäuden kann man daher oft beobachten, 
wie sich besonders der Pfetten- und Schwellenkranz 
unter und über den Balkenlagern geradezu wellen- 
[örmig gesett hat. 
Der Außenpug kann aber die Segungen der Holz- 
konstruktionen nicht mitmachen und so kommt es 
dann zu den bekannten Pugrissen, Abschiebungen 
und Ausbauchungen des Putes. Richtig gesett oder 
zur Ruhe gekommen ist ein Fachwerksbau erst nach 
5—6 Jahren. Doch ist es praktisch unmöglich, etwa 
mit dem Anbringen des Außenputges 5 Jahre zu 
warten. Um die vom Sockel bis zur Traufe durch- 
gehende Putgschicht zu vermeiden, hat man schon 
irüher zu dem Mittel gegriffen, die Fachwerksge- 
bäude von Stockwerk zu Stockwerk zu überseben, 
d.h. also jede Balkenlage einige Zentimeter über 
die unter ihr befindliche Wand überstehen zu lassen. 
Dadurch waren dann die Segungen durch Unter- 
jeilung auf die einzelnen Stockwerke beschränkt. 
Vom Standpunkt der sparsamen Holzdimensionie- 
sung ist ein weiterer Nachteil dieser Bauweise zu 
arwähnen. Charakteristisch für das alte Holzfachwerk 
Abb. 74. Alter stockwerksweiser Fachwerksbau mit Pietten- und Schwellenkranz 
zwischen dem Erdgeschoß und I. Stock, 
Abb. 75. Verbesserter stockwerksweiser Fachwerksbau. Die 
Wände des Erdgeschosses und des Obergeschosses stoßen in 
ainem gemeinsamen Pfettenkranz zusammen. 
) Die Abbildungen 74—77 sind mit Erl. d. Verlags Jul. Hoffmann-Stuttgart 
Jem Sonderheft über die Kochenhofsiedlung in Stuttgart „Moderne Bau- 
ormen” 11/1933 entnommen.
	        
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