Abb. 29
Triumphbogen des
Tiberius in Orange
m Vorhergehenden konnte fcehon auf die außergewöhnliche Stellung des Cäfars hingemwiecken
werden. Es gefchah dies mit Beziehung auf den Triumphbogen.
Die göttliche Verehrung der Cäfaren mar römifch=eigentliche und Itrengfte Forderung. Das
Beifpiel des Kaifers Calligula veranfchaulicht dies durch einen merkwürdigen Umftand falt
3reifbar, Er ließ fämtliche, ihm erreichbaren Götterbilder aus Griechenland herbeifchaffen
und ließ ihnen die Köpfe abfchlagen und jeweils feinen eigenen dafür hinauffegen.
Man kann über eine folche gefchichtliche Tatfache nicht genug nachlfinnen, weil in der ge=
<hichtlichen Betrachtung eines das andere fördert. Und mir kommen auf folchen Wegen
zu einem immer richtigeren Verftehen baukünftlerifcher Formen als Ausdruck einer Zeit
und ihrer Form felbft.
Wir haben den Rundbogen nun In drei wichtigen Anwendungen kennen gelernt: als Ein=
3angsform zu den olympilkchen Spielen, als Triumphbogen und als Fenfterform am Koloffeum.,
Es find dies ähnliche Bauformen, denn beim griechifchen Tempel murde die Vermandtkchaft
von Fenfter= und Türenform befprochen. Man kann ein Portal zur Fenfterform verkleinern,
vie man umgekehrt das Fenfter - z.B. beim Balkonfenfter - zur Türe ermeitern kann.
Anders liegt die Ahnlichkeit beider Bauformen, wenn die Vermendung vom Menkhen aus
detrachtet wird. Da können Schmierigkeiten auftreten, meil wir im allgemeinen folche Übers
‚gungen kaum vornehmen. Wir menden dem Unterfchiede in der Anwendung einer Form
auf das Fenfter oder auf die Türe menig Aufmerkflamkeit zu. Es ift für das Empfinden ein
anderes Ding, ob man durch ein Tor mit Wölbung oder durch einen viereckigen Eingang
geht. Es handelt fich hier nicht darum, ob die eine Form khöner fei oder die andere. Das Schöne
mird dabei fein, wenn die Form richtig und ein klarer Ausdruck des Gebrauchs-Sinnes
ift. An fich aber unterliegt die Wahl der Form doch nur einem Grundgelege: nämlich der
Art, wie der Menich feine Ummelt in feiner Seele trägt. Der volkliche Sprachgebrauch hat
auch hier wie meiltens das treffende Wort geprägt. Er Mpricht vom „meiten oder engen
Horizont” oder bezeichnet die Seelenhaltung eines Menfchen mit dem Worte: „fomeit
reicht dellen Horizont”.