Full text: Practische Anleitung zur Anwendung der Cemente zu baulichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen und Kunst-Gegenständen

Beides nach Händevoll abgemessen wird, sieht man nicht sel- 
ten auch selbst die nothwendigsten Vorsichtsmafsregeln bei 
der Verwendung des Cements vernachlässigt. 
Wenn bei so mangelhaftem Verfahren das Bauwerk den- 
noch vor wesentlichem Schaden bewahrt wurde, so ist dies 
anderweitigen günstigen Umständen zuzuschreiben, vorzugs- 
weise aber der aufserordentlichen Bindekraft und Festigkeit 
des Cements, Eigenschaften, die durch schlechte Behandlung 
in ihren Wirkungen zwar gemindert, jedoch nicht ganz ab- 
geschwächt werden konnten. 
Die Art und Weise, wie Maurer zuweilen mit Cement- 
Mörtel zu verfahren pflegen, wenn beim Anmachen desselben 
zu viel Wasser hinzugesetzt und der Mörtel deshalb zu dünn- 
Aüssig geworden ist; nämlich, dafs ein oder ein paar trockene 
Mauersteine in diesen hineingelegt werden, die dann begierig 
das Wasser anziehen, ist wohl bei Kalk-Mörtel in solchen 
Fällen ein gutes Hülfsmittel; jedoch bei Cement-Mörtel mufs 
dies jedenfalls vermieden werden, indem ihm hierdurch ge- 
meiniglich zu viel Wasser entzogen wird, und derselbe dann 
zu rasch bindet; das allmälige, vorsichtige Hinzufügen von 
Wasser beim Anmachen des Mörtels, wird dieses Hülfsmittel 
entbehrlich machen. 
Bei der Verschiedenheit der Bindekraft und Güte des 
Cements, insofern derselbe aus dieser oder jener Tonne bald 
rascher, bald langsamer bindet, mehr oder weniger Sandzusatz 
vertragen kann, sind zur Bearbeitung des Cement-Mörtels 
durchaus nur fähige, zuverlässige und mit Cement- Arbeiten 
gehörig vertraute Maurer zu beschäftigen, die das, für be- 
stimmte Arbeiten gegebene, im Allgemeinen inne zu haltende 
Mischungs- Verhältnifs in solchen Fällen sach- und zweck- 
mäßig zu moderiren verstehen. 
Schnell bindender Cement, d.h. der nach dem An- 
machen mit Wasser bereits innerhalb 5 bis 10 Minuten etwa 
zu erhärten anfängt, ist nur mit Vortheil zum Fugen von 
Mauertheilen, die sofort dem Wasser ausgesetzt werden, zum 
Vergiefsen von Rissen und Sprüngen in Wassermauern, zum 
Vergiefsen von metallenen Dübeln, zum Wölben aus freier 
Hand, zum Formen, zum Ziehen von Gesimsgliedern u. 8. W. 
anzuwenden. 
Für gewöhnliche Fälle ist aber ein zu schnell bindender 
Cement mehr hinderlich wie förderlich in der Arbeit, und die 
englische Gebrauchs- Anweisung schreibt daher vor, einen sol- 
chen zu schnell bindenden Cement zuvor der Finwirkung der 
Luft auszusetzen. 
Gemeiniglich genügen hierzu 24 bis 48 Stunden, wenn 
man solchen Cement auf einem gedielten Boden einige Zoll 
hoch ausbreitet, und dann und wann umschippt. 
Die schnell bindenden Portland-Cemente erhalten diese 
Eigenschaft durch einen Gehalt an Aetzkalk, weswegen sie 
sich auch beim Anmachen mit Wasser erwärmen. 
Es dürfte nicht überflüssig sein, nochmals darauf aufmerk- 
sam zu machen, dafs es von nicht geringer Wichtigkeit ist, 
den Sand so trocken als möglich mit dem Cemente zu mischen, 
weil schon durch die, dem Sande anhaftende Feuchtigkeit ein 
Binden der, ihn bei der Vermischung berührenden, staubarti- 
gen Cementtheilchen erfolgt, und dadurch die innige Vermi- 
schung sehr erschwert wird; weshalb auch der, aus Flüssen 
geschöpfte oder gewaschene Sand wenigstens einige Tage der 
Einwirkung der Atmosphäre ausgesetzt sein mufs, ehe er ver- 
arbeitet wird. Feuchter Sand, in dem Zustande wie derselbe 
gegraben wird, ist leichter als trockener Sand, hat somit mehr 
Zwischenräume und weniger Masse in gleichem Raume als 
trockener Sand. 
Zum Einhalten bestimmter Mischungsverhältnisse zwi- 
schen Cement und Sand ist es durchaus nothwendig, dem 
Mörtelbereiter ein Maafs, bestehend in einem Gefäfs von etwa 
* bis 1 Cubikfufs Inhalt, je nach der Zahl der Maurer und 
Jer auszuführenden Arbeit zu übergeben. Zweckmäfsig habe 
‚ch hierzu eine halbe oder ganze Metze, weil diese leicht und 
nandlich, befunden. 
Ich erinnere, dafs, wie bei dem Mörtel ohne Sand- 
zusatz, nur so viel Cement angemacht werden darf, als vor 
Jem Eintritt des Bindens verarbeitet werden kann; ebenso ist 
auch die Vorsicht zu beobachten, das Gefäfs fortwährend von 
dem etwa übrig gebliebenen und bereits erhärteten Mörtel zu 
befreien. 
Bei Cement- Arbeiten von einiger Bedeutung ist es vor- 
heilhaft, jeder Arbeiter-Colonne, von etwa 4 bis 6 Maurern, 
zinen fähigen Maurer noch zuzugesellen, der lediglich den 
Nement-Mörtel für die Mannschaft bereitet; man gewinnt hier- 
„ei den Vortheil, dafs der Mörtel mehr, als bei der gewöhn- 
ichen Art, wo für je zwei Maurer einer von diesen den 
3Zedarf an Cement-Mörtel zu bereiten pflegt, gleichmäfsiger 
„erarbeitet wird, ein solcher besonderer Mörtelbereiter die 
‚öthige Uebung darin erhält, und auch die Arbeit selbst 
nehr gefördert wird. Es ist nicht zweckmäfsig, wie es 
‚änfig auf Baustellen geschieht, mit der Anfertigung der 
Arbeit auch die Bereitung des Cement-Mörtels mit verdingen 
zu wollen. 
Die Quantitäten Sand nun, welche dem Cemente zuge- 
‚etzt werden, sind nach den besonderen Zwecken der Ver- 
xendung verschieden, und richten sich auch diese nicht minder 
ıach der Güte des Cements. 
In England, wo viele und gute Cemente ohne die bedeu- 
senden Transport- und Speditionskosten billig zu haben sind, 
wird Portland-Cement sehr oft ohne Zusatz von Sand verwendet, 
Nieraus wird es auch erklärlich, warum in England der Port- 
land-Cement nicht so ausschliefslich und so mannigfaltig in 
Anwendung kommt als auf dem Continent, wo man denselben 
vorzieht, weil er eine gröfsere Beimischung von Sand ver- 
;rägt, als alle übrigen Cemente, wie Roman- und Medina- 
Nement u. s. w., auch schöner von Farbe ist. 
Bei Wasserbauten fällt dieser ökonomische Vortheil über- 
Jies weg, wenn es sich um Wasserdichtigkeit handelt, und 
sind daher andere kräftige Cemente, wie z. B. der Koman- 
‚der Medina-Cement, wenngleich diese einen nicht so grofsen 
Sandzusatz zu vertragen vermögen, zu dergleichen Bauten 
zleich gut wie der Portland-Cement zu verwenden, 
Bei der gegenwärtigen Güte des Portland-Cements ist: 
Zu Luftbauten das Mischungs- Verhältnifs 1 Theil Ce- 
ment und 3 Theile Sand, zu gewöhnlichen Zwecken, ein sehr 
geeignetes. Zu Ausführungen wichtiger Bautheile, wobei es 
uf eine besondere Festigkeit und Bindekraft des Cements 
ankam, sind fast durchweg die. Mischungs- Verhältnisse des 
Cements zum Sande wie 1:1, 1:2 mafsgebend gewesen, und 
das von 1:3 nie überschritten worden. 
Mit der Ueberschreitung dieses Mischungs - Verhältnisses, 
wie 1:4 und 1:5, fängt der Cement-Mörtel an, schon sehr 
mager zu werden, und bei gröfseren Zusätzen von 6, 7 bis 
sogar 8 und mehr Theilen Sand zu 1 Theil Cement möchten 
Jiese Mischungs- Verhältnisse für solide Bau- Ausführungen 
Jurchaus nicht mehr zu empfehlen sein. 
Zu Wasserbauten, die eine besondere Dauer und Festig- 
keit erfordern, ist das Mischungs- Verhältnifs 1 Theil Cement 
und 1 auch 2 Theile Sand mafsgebend, und wo es besonders 
auf Wasserdichtigkeit ankommt, wie bei Bassins, Cisternen. 
Gefäßen u. s. w., ist nur reiner Cement-Mörtel oder nur Mör- 
tel von 1 Theil Cement und 1 Theil Sand zu verwenden 
Denn Versuche und Erfahrungen haben belehrt: 
1) Dafs je größer der Sandzusatz, desto langsamer das 
Erhärten des Cement-Mörtels, sowohl im Wasser als in 
der Luft, stattfindet, und
	        
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