Full text: Practische Anleitung zur Anwendung der Cemente zu baulichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen und Kunst-Gegenständen

Bei so mit Wasser gesättigten Steinen ist ein etwas derb- 
oder dickflüssiıg zubereiteter Cement-Mörtel zu verwenden, 
der man lasse die Steine kurz vor dem Vermauern ihre Ober- 
Jäche wieder etwas abtrocknen, um das Gleiten (Schwimmen) 
m Mörtel zu hindern. 
1) Es ist zweckmäfsig, die mit Back- oder Dachsteinen 
gefertigten Cement-Arbeiten nicht sobald mit Putz zu 
versehen. Wird dieser gleich nach Vollendung des mit 
angenäfsten Steinen gemauerten Kerns auf selbigen auf- 
yebracht, so behindert die Putzlage den, zur Erhärtung 
les Cement-Mörtels im Kerne nöthigen Luftzutritt, und je 
größer der gemauerte Kern, desto langsamer würde dann 
Jjas Erhärten des Mörtels in seinen innern Theilen erfolgen. 
Die Beachtung eines regelrechten Verbandes des Stein- 
Mäterials ist nothwendig. Denn die gröfstmöglichste 
Festigkeit eines, aus einzelnen Steinen bestehenden 
Mauerwerks wird nicht allein durch die Verbindung ei- 
nes guten Bindemittels miteinander, sondern auch durch 
sine zweckmäfsige Verwechselung der Steine unterein- 
ander erreicht, so dafs, ehe der Mörtel seine völlige 
Festigkeit erhält, was erst nach dessen vollständigem 
Erhärten möglich, eine Trennung schon wegen der Lage 
der Steine nicht so leicht entstehen kann. 
Bei wasserdichtem Mauerwerk von gebrannten Stei- 
aen, wobei der Cement in der Consistenz gewöhnlichen Mör- 
;els mit der Kelle verarbeitet wird, mufs. das zum Versetzen 
zines. Steins mitten auf’s Lager geworfene Mörtel-Quantum 
mit dem vorher angenäfsten Stein selbst niedergedrückt wer- 
den, so dafs der Ueberflufs von der Mitte nach allen Seiten, 
auch aus der Stofsfuge herausquillt, ohne Luftblasen einzu- 
schliefsen. So leicht und verständlich dies ist, ebenso ‚schwie- 
:ig fällt es dem Arbeiter, seine dabei zur andern Natur ge- 
wordene Gewohnheit zu unterdrücken, die nämlich: dafs er 
den aufgeworfenen Cement sogleich mit der Kelle auseinander- 
breitet, in der Absicht, dem aufzulegenden Steine schneller ein 
abenes Lager zu bereiten, wobei sich dann aber unter dem 
Steine Luftblasen einschliefsen, die der Tragfähigkeit wie der 
Dichtigkeit grofsen Abbruch thun. 
Diese von dem Herrn Ober-Bergrath Henschel in Cassel 
zemachten Erfahrungen *) sind bei verschiedenen Ausführun- 
zen erprobt worden. So liefs Derselbe z. B. bei einer 8 Fuß 
jefen Wassercisterne anfänglich mehrere Male die in seiner 
Abwesenheit gelegten Steinschichten gänzlich wieder aufneh- 
men, und überzeugte dadurch die Arbeiter selbst, wie ihnen 
sine specielle Aufsicht nothwendig sei, um diese hierbei Alles 
verderbende Gewohnheit zu besiegen; denn unter 10 Steinen 
fanden sich immer noch einige, die, in der angeführten fehler- 
haften Weise gelegt, grofse Luftblasen gefangen hatten, nur 
an wenigen Stellen auflagen und die Stolsfugen, von oben 
rerstrichen, unten leer waren. 
6) Da nun Cement-Arbeiten eine, größere Sorgfalt in Be- 
reitung und . Verwendung des Mörtels und der Arbeit 
selbst voraussetzen, so sind derartige Arbeiten überhaupt 
ıur sachkundigen und tüchtigen Maurern anzuvertrauen, 
Jeder Maurer glaubt mit Cement-Arbeiten vertraut zu sein, 
und doch besitzen nur wenige die Kenntnisse von dem, 
worauf es hierbei ankommt, und die man sich zuvor an- 
zignen muß. Auch sind‘ Cement-Arbeiten, welche eine 
besondere Sorgfalt in der Ausführung bedingen, nicht 
in Accord, sondern in Tagelohn auszuführen. - 
“) Die geeignetsten Jahreszeiten zu Cement-Arbeiten sind das 
Frühjahr und vorzugsweise der Herbst; da jedoch derglei- 
*) „Gesammelte Erfahrungen über die Verarbeitung und Anwendung des Cements 
us der Cement-Fahrik von Ernst Koch in Hessen- Cassel.“ Cassel, 1851. S, 41, 
chen Arbeiten, wie: es häufig nicht zu umgehen, auch 
im Sommer ausgeführt werden müssen, so ist uner- 
läfslich, die Cement-Arbeiten im Freien vor der unmit- 
telbaren Einwirkung der Sonnenhitze und Zugluft zu 
bewahren, um so ein jählinges Austrocknen und zu 
schnelles Erhärten des Cement-Mörtels zu behindern. 
Dies geschieht am zweckmäfsigsten durch leichte Be- 
rüstungen, die mit Stroh- oder Bastmatten, mit. grober 
angefeuchteter Leinwand oder Segeltuch behangen und 
überdeckt werden. . 
Zur Anfertigung aller kleinen Bautheile, die, unabhängig 
‚on der Baustelle, in Werkstätten gefertigt werden können. 
agnen sich reinliche Kellerräume am vorzüglichsten. 
Ein allmäliges Erhärten des Mörtels bei feuchter Atmo- 
sphäre sagt der Natur des Cements am besten zu, und giebt 
dem Mörtel die gröfstmöglichste Festigkeit, 
Im Winter sind Cement- Arbeiten, die der Frost über- 
raschen kann, nicht auszuführen; die Wassertheile im Mörtel 
vürden gefrieren, der Erhärtungsprozefs dadurch gestört, der 
Mörtel selbst pulverig und so die Festigkeit der Arbeit wesent- 
ich beeinträchtigt werden. 
8) Ist die zu frühe Wegnahme der Lehrgerüste zu ver- 
meiden... Aus Ersparungs-Rücksichten werden oftmals 
diese schon nach einigen Tagen beseitigt, wodurch dann 
der Arbeit wesentliche Nachtheile zugefügt worden sind, 
was dann nicht selten den Einsturz derselben zur Folge 
gehabt hat. ; 
Während des Erhärtens des Cements, welches bei grö- 
iseren Arbeiten je nach dem Sandzusatze, der Jahres- 
zeit und dem Annässen etwa innerhalb 4 bis 6 Wochen 
vollständig einzutreten pflegt, ist jede Cement-Arbeit vor 
Erschütterungen, welche die Trennung der Theile her- 
beiführen und den Erhärtungsprozefs stören könnten, 
unter allen Umständen zu bewahren. 
Aus diesem Grunde ist auch während der Arbeit das 
Ansammeln von vielen Steinen, der Gebrauch unnöthig gro- 
ser Mörtelkasten auf den Rüstungen und nach gefertigter Ar- 
)eit die sofortige Benutzung derselben durchaus zu vermeiden. 
Aus gleichem Grunde hat man sich beim Mauern mit 
Jement auch sehr zu hüten, einen in Cement versetzten Stein, 
ler bereits angezogen hat, nachträglich noch verrücken zu 
vollen oder sonst zu erschüttern, weil eine dadurch entstan- 
lene, selbst ganz unmerkliche Trennung der Theile nicht 
vieder herzustellen ist, und so schädlich auf die Festigkeit 
les Bautheils einwirken kann. 
Ein durch irgend welche Ursache lose gewordenes Stück 
st sogleich wieder abzunehmen, rein zu waschen und dann 
von Neuem zu versetzen. 
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. Diese nach den bisherigen Erfahrungen zum Gelingen von 
Jement-Arbeiten nothwendig zu beachtenden Vorsichtsmafs- 
egeln sind im Wesentlichen hier mitgetheilt, um bei der 
mmer gröfser‘ und allgemeiner gewordenen Anwendung der 
Jemente das unschätzbare und jetzt unentbehrliche Bau-Mate- 
‘al insbesondere in den Fällen zu rechtfertigen, wo eine ver- 
zehrte oder fahrlässige Behandlung, zumal bei wichtigen Bauten, 
ieinen Ruf beeinträchtigen könnte, 
Wenn der Portland-Cement, selbst bei unkundiger Be- 
‚andlung, seine guten Dienste selten versagt, so ist dies ledig- 
ich den vorzüglichen Eigenschaften dieses vortrefflichen Bau- 
Materials zuzuschreiben; um so mehr wird es einleuchtend 
jein, wie durch eine sorgfältige Behandlung desselben und 
3eobachtung alles dessen, was die Natur des Cements bedingt, 
:in noch weit günstigeres Resultat, in Bezug auf Festigkeit und 
Jauer eines damit ausgeführten Bauwerks, erzielt werden kann.
	        
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