Full text: Practische Anleitung zur Anwendung der Cemente zu baulichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen und Kunst-Gegenständen

I. Anwendung der Cemente ohne Beimischung von Sand. 
Allgemeines, 
Arbeiten, welche von Cement-Mörtel, ohne irgend einen 
Zusatz von Sand und dergleichen ausgeführt werden, kommen 
im Allgemeinen nur in geringem Umfange vor, einestheils 
weil der Cement, in reinem Zustande zu Mörtel bearbeitet, der 
Luft ausgesetzt, in seiner Oberfläche leicht Risse erzeugt, 
anderntheils die Arbeiten vertheuern würde, weil ein jeder 
Zusatz den Preis des Mörtels wesentlich verringert. 
Reiner Cement-Mörtel findet hauptsächlich Anwendung 
bei Mauer- Arbeiten unter Wasser, wo es auf schnelle Erhär- 
tung des Mörtels und auf Wasserdichtigkeit insbesondere an- 
kommt. 
Unter Wasser entstehen in reinem Cement-Mörtel nie 
Risse, und in ruhigem, selbst in‘ mäßig fliefsendem Wasser 
wird ein solcher Mörtel nur in seiner Oberfläche angespült, 
und widersteht schon in einigen Minuten dem Wegspülen. 
In fliefsendem Wasser ist es jedoch von Wichtigkeit, dafs 
der reine Cement-Mörtel schnell erhärte, damit derselbe nicht 
vom Wasser weggespült werde. nn 
In stark fliefsendem Wasser sind deshalb besondere Vor- 
sichtsmafsregeln zu treffen, wenn Cement- Arbeiten mit Erfolg 
ausgeführt werden sollen. ' Dahin gehören: Stauung des Was- 
sers durch theilweise oder gänzliche Abdämmung, um ein hin- 
reichend langsam fliefsendes oder ruhig stehendes Wasser zu 
arhalten, oder Versenkung des Betons mittelst Senkkasten, 
welche letztere bis über den Bestimmungsort des Betons ge- 
hracht und erst hier geöffnet werden. ; 
Aufser der nachfolgend bezeichneten Anwendung des rei- 
nen Cement-Mörtels wird derselbe noch zum Gießen kleinerer 
Gegenstände in‘ Formen, sowie beim Vollenden der mit Sand- 
zusatz herzustellenden Arbeiten angewendet. 
Ausfüllung von Rissen und Sprüngen und Verstopfen von Quellen in Wassermauern. 
Die Methode, vermittelst Ein pressens von Cement, schad- 
hafte Stellen in Bauwerken, wie Risse und Sprünge, oder Fun- 
damente, welche ausgespült sind, zu repariren, resp. zu er- 
neuern, sowie Quellen in Wassermauern zu verstopfen, ist 
bereits seit mehreren Jahren von französischen Ingenieuren 
vielfach mit Erfolg, namentlich bei Wasserbauwerken, ange- 
wendet worden. Sie besteht darin, reinen Cement-Mörtel in 
die auszufüllenden Theile mittelst einer Pumpe einzupressen. 
Die Vorrichtungen, welche man hierzu gebraucht; bestehen 
gewöhnlich aus hölzernen oder gufseisernen Röhren mit einem 
Pumpenkolben von Holz. 
Beim Gebrauch wird die Pumpe in eine vorgerichtete 
Oeffnung des Mauerwerks gesetzt, der reine Cement-Mörtel 
halbflüssig in die Pumpe eingefüllt, darauf ein: Pfropf von 
Werg oder eine Lederscheibe und dann der Kolben aufgesetzt, 
welcher nun mit einigen Schlägen niedergetrieben wird. 
Der General-Inspector der Brücken und Chausseen Herr 
Berigny war der erste, der diese Methode an einer Schleuse 
im Hafen von Dieppe 1802 anwandte*). Er beschrieb die- 
selbe in einer Schrift: ; 
Memoire sur un procede d’injection, par Charles Berigny; 
Inspecteur general des ponts et chaussees. Paris 1832. 
Die. Pumpe, welche Berigny zum Injiciren oder Ein- 
spritzen von hydraulischem Mörtel anwandte, bestand aus ei- 
nem hölzernen Druckrohre von 0,08 bis 0,1 Meter Weite mit 
metallenem Mundstück und hölzernem Kolben. Eine 1818 im 
Hafen von Rochefort angewandte Pumpe hatte 016 Mater 
Weite, und ihr Kolben wurde durch eine kleine Ramme vor- 
wärts getrieben. 
Raynal*) hat sich am Kanal du Midi desselben Ver- 
fahrens bedient. Er hatte eine Pumpe von Erlenholz von 
),7z0 Meter Länge und 0,06 Meter Weite mit einem Kolben von 
Bichenholz; die Pumpe wurde mit halbflüssigem Wassermörtel 
zefüllt und der Kolben sodann mit einem grofsen Hammer 
eingetrieben; der Erfolg war ganz zufrieden stellend. 
Briere de Moudetour verstopfte in angegebener Art 
L832 mittelst Injections- Pumpen von 0,2 Meter Weite, deren 
Kolben ebenfalls mit der Ramme bewegt wurde, Wasser. 
zugänge in der Schleuse von Royaumont. ; 
Mary wandte dasselbe Verfahren 1820 an der Schleuse 
zu St. Simon, und 1827 an der Schleuse von Hüningen an, 
er nahm Pumpen von 0,1 Meter Weite. Ü 
Sind die Verbindungen der Steine eines Schleusen-Mauer- 
werks gelockert und die Fugen vom Mörtel entblöfßst, so wirkt 
las Wasser, bei den häufigen Veränderungen der Wasserstände, 
durch Füllen und Entleeren der Schleusenkammern in man- 
nigfacher Weise auf die Zerstörung des Mauerwerks ein. 
Beim Füllen der Schleuse dringt das Wasser in die ge- 
'ockerten Fugen, in verschiedenen Höhen der Mauern ein, löst 
ınd wäscht den Mörtel in den Mauern auf und aus, und beim 
intleeren der Schleuse strömt dann das Wasser mit aufge- 
lösten Mörteltheilen wieder aus den gelockerten Fugen heraus. 
Diese fortgesetzten Wirkungen vermehren nach und nach die 
Beschädigungen des Mauerwerks. und wenn man sich nicht 
*) Annales des ponts et chaussees, Juin 1840; und in Dingler”s polvt. Journal. 
Bd. 85: S. 1727. 
*) Annales des nonts et chaussees, 1837, I ». 50.
	        
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