Full text: Stuttgarter Uni-Kurier (30/33, 1987)

April 19€ 
Stuttgarter Uni-Kurıe 
Saite - 
Zwischen Buddha und Kutta 
Reiseerlebnisse im Land der Mitte 
von Karl Förster* 
Jie Überschrift bedarf wohl kaum 
siner Erläuterung: Buddha war, 
vie jeder weiß, ein indischer Für- 
;stensohn, den nach einer jeu- 
jesse doree die Erleuchtung 
iberkam. Er wurde dadurch zum 
stifter der ersten großen Weltreli- 
Jion, die sich insbesondere auch 
ı1ach China ausbreitete und dort 
ınzählbar viele Klöster und Tem- 
‚el hinterließ, die heute zum 
jepflegten Kulturgut Chinas 
jehören; kein Tourist kommt 
jaher um ausgedehnte und häu- 
ig wirklich lohnende Besichtigun- 
Jen herum. Kutta andererseits, 
ınd das sollte mindestens an 
ınserer Universität jeder wissen, 
nvar Professor in Stuttgart (von 
1912 bis 1935), und die Bedeutung 
seiner Veröffentlichungen steht in 
zinem stupenden Mißverhältnis 
zu ihrer geringen Zahl: aus der 
ı1umerischen Mathematik sind die 
3unge-Kutta-Verfahren nicht weg- 
‚udenken, und die Theorie der 
Tragflügelprofile verdankt ihm das 
zrundilegende KräfteTheorem 
ınd die sog. Kutta-Bedingung für 
lie Strömung an der Hinterkante. 
Als Reisender in Sachen Nume- 
ische Strömungsmechanik 
commt man also auch um Kutta 
ıicht herum, womit die Über- 
schrift dieses Berichts vollständig 
arklärt wäre. 
zs war eine strapaziöse Rund- 
'eise, die den Verfasser nach einer 
Congreßwoche in Peking für 
eweils fünf Vortragstage nach 
Adarbin, Shanghai, Changsha und 
K’an führte, strapaziös in erster 
_inie durch die harschen Klima- 
vechsel vom hochsommerlichen 
>»eking in den fast mitteleuro- 
»;isch-angenehmen hohen Nor- 
len, dann in den feuchtigkeitsge- 
schwängerten heißen Süden und 
und schließlich in die trockene 
3ackofenluft des Nordwestens: 
ahren Sie nie im Hochsommer 
ı1aach China, und wenn der Kon- 
jreß noch so wichtig ist! Im Herbst 
um Beispiel können Sie alles inte- 
essante noch viel besser aufneh- 
nen, und davon gibt es eine ganze 
Menge. 
Moskau des Ostens 
3eginnen wir mit Harbin, wohin 
nich die dortige Schiffsbauhoch- 
schule eingeladen hatte. Es wird 
Prof.Dr.-Ing. Karl Förster ist Leiter der 
\bteilung Numerische Strömungsme- 
;hanik und kommissarischer Leiter 
les Instituts für Aerodynamik und Gas- 
"vnamik 
Kurz und knapp 
BB A —————————) 
Narteschlangen beim Mittag- 
 ssen in den Mensen sind für kei- 
ıen angenehm. Besonderer An- 
rang herrscht zwischen 11.30 und 
2.30 Uhr, danach ist es deutlich 
3erer. Das Studentenwerk bittet 
laher dringend, die Zeit von 12.30 
)is 14.00 Uhr stärker zu nutzen. 
\us Kostengründen könne für den 
äinstündigen Hauptandrang kein 
/usätzliches Personal an den Aus- 
Jabetheken und Kassen einge- 
setzt werden. 
äuten Grund zum Feiern hatte das 
Jnithekle. Am 13. Februar feierte 
lie stundentische Begegnungs- 
;tätte im Pfaffenwald ihr fünfjähri- 
Jes Bestehen — zünftig mit Freibier 
ind Blasmusik. Sein Entstehen 
'erdankt das Unithekle dem uner- 
nüdlichen Einsatz von Margrit 
tautenberg vom Akademischen 
\uslandsamt, die sich mit großem 
°Ngagement für die Errichtung 
lieses studentischen Treffpunktes 
ÄNngesetzt hatte und sich auch 
leute noch intensiv um „ihr“ Uni- 
hekle kümmart 
uch das Moskau des Ostens 
jenannt, und in der Tat kann man 
ich , wenn man sich zwei Drittel 
ler Leute in den Straßen weg- und 
en Rest mit europäischem 
iesichtsschnitt zudenkt, in die ein- 
ıcheren Viertel einer russischen 
‘tadt versetzt fühlen, so typisch 
ıssisch ist der vorwiegend zwei- 
Öckige Bebauungsstil. Schließ- 
27h gab es in den dreißiger Jahren 
uch noch hunderttausend Rus- 
an unter der dortigen Bevölke- 
ıng- heute dürften es wesentlich 
'‚eniger sein-, und wer die noch 
5rhandene und geöffnete ortho- 
Ooxe Kirche besucht, weiß ich 
icht. Insgesamt ist Harbin mit sei- 
en für chinesische Verhältnisse 
ıcherlich wenigen drei Millionen 
nwohnern vorwiegend mand- 
5hurischer Herkunft eine gemüt- 
>he Provinz-Hauptstadt, in deren 
traßenbild die ausnehmend vie- 
ın Kneipen auffallen, die durch 
ine dem Besen unserer Winzer 
argleichbare purpurrot gebän- 
lerte Krone auf sich aufmerksam 
ıachen: die Harbinesen sind ein 
ehr aeselliges Volk 
Partner-Uni Shanghai 
janz anders Shanghai, The Boi- 
ng City! Über seine Einwohner 
lagt der China Daily daß sie mit 
en Besuchern aus der Provinz 
Jıppig umzugehen pflegen - hun- 
ertfünfzig Jahre internationale 
'’afenstadt scheinen ihre Spuren 
interlassen zu haben. Ich selbst 
ann mich allerdings über man- 
alnde Gastlichkeit in keiner Weise 
eklagen, denn ich wurde von der 
ochschule, mit der unsere Uni- 
arsität einen Partnerschaftsver- 
ag hat und mit deren Mechanik- 
epartement uns enge fachliche 
iteressen verbinden, ebenso lie- 
enswürdig wie perfekt betreut. 
ber auch als ich mir eine dem 
lima angepaßte leichte Hose kau- 
ın wollte und westlich-naiv auf 
iner vorherigen Anprobe be- 
tand, stellte man mir nach länge- 
ar Beratung, zu der auch der 
‚bteilungsleiter hinzugezogen 
verden mußte, eine dunkle Ecke 
n Lager zur Verfügung und sogar 
och einen Ventilator dazu. Kli- 
ıaanlagen in Kaufhäusern für die 
evölkerung gehören nämlich 
och nicht zu den drei Morderni- 
‚jerungen, die seit Deng vorange- 
jeben werden. 
Zwei Reisernten im Jahr 
)hangsha, meine dritte Station, ist 
lie Hauntstacdt der Pravinz Hıman 
lie ihren Reichtum dem im Über- 
luß vorhandenen Wasser ver- 
ankt, das im Verein mit dem war- 
ı1en Klima zwei Reisernten im Jahr 
rmöglicht. Mao ist übrigens hier 
jeboren, und nach einem Besuch 
ı dem idyllischen Bergtal, in dem 
as in Anbetracht der Verhältnisse 
ar nicht so ärmliche Gehöft seiner 
tern liegt, muß ich sagen: ich an 
‚einer Stelle wäre dort geblieben, 
ınstatt mich auf den Langen 
Aarsch zu machen! 
Hupe unverzichtbar 
ı Hunan fällt übrigens noch mehr 
Is im übrigen China auf, wie sehr 
ich der Wohlstand der Bauern 
urch die Einführung der freien 
1ärkte gehoben hat. Überall sieht 
‚an die schmucken, zweige- 
chossigen, verputzten Neubau- 
an, zum Teil noch neben den alten 
armgebäuden und dadurch dop- 
elt auffällig. Das erstaunlichste ist 
ber, daß niemand unter den 
:bhängig Beschäftigten den 
sauern den Reichtum neidet; 
uviele haben während der Kultur- 
evolution am eigenen Leibe erfah- 
an, wie schwer und rückenbre- 
hend die Arbeit im Reisfeld ist, die 
er gesamten Bevölkerung die 
rnährung sichert . So regt sich 
uch niemand darüber auf, daß die 
'auern während der Ernte ganz 
albstverständlich die äußeren 
eiden Drittel aller Straßen als 
ısphaltierte) Tenne benutzen und 
er Verkehr: Radfahrer, Fußgänger, 
astenträger, Pferde-, Esel- und 
\ulifuhrwerke, Traktoren, Lastwa- 
en und Taxis, sich noch chaoti- 
cher als sonst durch die verblei- 
ende, gewundene schmale Gas- 
e hindurchquetscht. Einen nur auf 
Irei Rädern fahrenden Traktor 
abe ich einmal gesehen, aber ein 
:ahren ohne Hupe ist in China 
‚änzlich undenkbar 
Enorme Fortschritte 
an war gegenüber dem vielen 
orausgegangenen Neuen schon 
ast wie ein Wiedersehen mit guten 
Iten Bekannten: hier konnten wir 
or fünfeinhalb Jahren einen 
ırundstein für eine bisher recht 
rfolgreiche Zusammenarbeit zwi- 
:chen der Stuttgarter Fakultät für 
„uft- und Raumfahrtechnik und 
jer Luftfahrt-Hochschule Chinas 
gegen. X’an war unter dem ersten 
taiser Chinas (Chi Wang Di aus 
jer Qin-Dynastie noch vor der Zei- 
anwende) das Zentrum Chinas 
ınd hlieh es his in (unser) enätas 
rofessor Tech. h.c. Dipl.-Ing. Karl Tuffentsammer, Direktor des Instituts 
ir Werkzeugmaschinen, ist während des von ihm organisierten Besu- 
hes von Professoren und Mitarbeitern von fünf Instituten unserer Univer- 
tät mit den jeweiligen Partnerinstituten der Politechnika Wroclawska 
ler früheren TH Breslau) mit der nur sehr selten verliehenen Goldenen 
uszeichnung der Politechnika Wroclawska für besondere Verdienste 
m die Politechnika Wroclawska geehrt worden. Professor Tuffentsam- 
\er hat vor 18 Jahren die Zusammenarbeit auf persönlicher und dann auf 
stitutsebene begründet und gilt an beiden Partnerhochschulen als Ini- 
ator und engagierter Beauftragter für die Pflege und Betreuung des seit 
381 bestehenden Kooperationsvertrags zwischen beiden Hochschulen. 
je Auszeichnung überreichte der Rektor Prof. Dr.-Ing. habil. Jan Kmita 
echts) im Beisein von Prof. Dr. Günter Pritschow. Prorektor der Universi- 
+4 3tuttaart 
ypisches chinesisches Straßenbild 
Aittelalter. Trommelturm, Glocken- 
urm, Moschee, Wildgans-Pagode 
ınd vor allem die das Grab des 
}rsten Kaisers bewachende 
\ırmee von 6000 überlebensgro- 
jen Ton-Soldaten sind die touristi- 
ichen Höhepunkte dieser heute 
‚on sehr vielen Ausländern 
yjesuchten Stadt; damals waren 
vir angestaunte und häufig von 
4enschentrauben umgebene 
:xoten. Auch dies ist ein Zeichen 
är die enormen Fortschritte, die 
>hina gemacht hat; der vor dreißig 
lahren propagierte große Sprung 
'orwärts hat erst jetzt wirklich statt- 
Jefunden. 
Prail von Eindrücken 
zin allererstes Fazit dieser Reise: 
nan fühlt sich prall voll von Ein- 
Internationale 
wurde weiter 
Jas Institut für Nachrichtenver- 
nittlung und Datenverarbeitung 
1aat seine wissenschaftliche Zu- 
aammenarbeit im internationalen 
bereich verstärkt. Das in den letz: 
en Jahren aufgebaute Netz vor 
»ilateralen Forschungskoopera: 
jonen mit den Firmen SIEMENS 
\G, SEL AG, Philips und Telenor 
na auf dem Gebiet der Strukturie- 
ung und Leistungsanalyse von 
(ommunikationssystemen, mit 
lem die aus öffentlichen Mitteln 
‚jetriebenen Grundlagenfor 
ichungen anwendungsorientier! 
‚rgänzt werden, wird auf interna- 
jonale Kooperationen ausge- 
lehnt. 
lierzu gehört u. a. ein Forschungs- 
rojekt mit den IBM-Forschungs- 
aboratorien in Rüschlikon/ 
5chweiz über die Integration von 
jprach- und Datenkommunika- 
ion. Eine neue Kooperation ist mit 
jen Forschungslaboratorien deı 
Jippon Telegraph and Telephone 
2orporation (NTT) in Japan auf 
dem Gebiet des ISDN Traffic Engi- 
ı1eering begonnen worden, wobe 
durch Austausch von promovier- 
ten Wissenschaftlern gemeinsam 
/ereinbarte Grundlagenfragen un- 
‚ersucht werden. In diesem von 
NTT finanzierten Programm arbei- 
;et zur Zeit Dr. J. Matsuda am Stutt- 
Jarter Institut. Umgekehrt stehen 
Stuttgarter Wissenschaftlern mil 
abgeschlossener Promotion die 
NTT-Laboratorien offen. An den 
NTT-Laboratorien in Musashino/ 
"Okyo arbeitet neben den AT&T Bell 
‚aboratorien derzeit die größte 
iruppe auf dem Gebiet der Analy- 
'e und Planung von Kommunika- 
onsnetzen. 
’rof. Dr. Paul Kühn, Leiter des Insti- 
uts, war im November 1986 Gast 
ler australischen Fernmeldever- 
‚altung Telecom Australia und 
‚eynote Speaker des 1st Austra- 
ian Teletraffic Research Seminar 
elecom Australia ist daran inter- 
siert, Jungen Wissenschaftlern 
les Forschungslabors Zeitaufent- 
alte am Stuttgarter Institut zu er- 
1öglichen. Darüber hinaus steht 
'as „Stuttgart Model“ Pate beirr 
Hfbau des neuen Centers of Ex 
drücken, Bildern, Gedanken, 
3efühlen und - ja, auch Gerüchen. 
)as Essen mit den Stäbchen wird 
1ach vierzehn Tagen zur Selbst- 
'‚erständlichkeit, die Unterkünfte 
iind von unterschiedlichem Kom- 
ort, das Fliegen hat noch einen 
dauch von Abenteuer, insbeson- 
lere in den alten, mit Kolbentrieb- 
verken ausgerüsteten Antonows, 
ınd überall trifft man Menschen, 
die einem mit Liebenswürdigkeit, 
Zifer und Selbstbewußtsein gege- 
ıübetreten und mit denen man von 
arnsthaft bis humorgewürzt alles 
Jiskutieren kann, auch und gerade 
lie zum Teil tief im Philosophi- 
schen liegenden Besonderheiten 
jer Chinesen und ihre Auswirkun- 
zen auf Geschichte und Zukunft. 
Kooperation 
ausgebaut 
zellence an der University of Ade- 
aide. 
3ei einem kürzlichen Besuch des 
985 neu eingerichteten Center for 
elecommunications Research 
CTR) an der Columbia University 
ı New York wurde eine engere Zu- 
‚ammenarbeit vereinbart, welche 
n März 1987 mit einem gemein- 
;jamen Forschungskolloquium in 
Jew York beginnt. Das von der 
ımerikanischen National Science 
"oundation untertützte CTR hat die 
\ufgabe, Grundlagenforschungen 
ıuf dem Gebiet der ultraschnellen 
Xommunikation und insbesondere 
auch Kooperationen mit der Indu- 
;trie zu betreiben. Zur Zeit arbeiten 
»wa 20 Professoren am CTR an 
’roblemen der Hochgeschwindig- 
teitsnetze, der Steuerungstechnik 
ür Kommunikationssysteme, der 
»ptischen Nachrichtentechnik so- 
vie der funktionellen und ver- 
tehrstheoretischen Netzanalyse. 
jegenstand der laufenden Ver- 
1andlungen ist u.a. auch ein inte- 
jriertes Auslandsstudium für Di- 
Jomstudenten der Stuttgarter 
Jniversität. 
Die neuen Kooperationen ergän- 
’en die schon seit Jahren beste- 
ı1enden Kontakte mit den AT&T Bell 
‚aboratiorien (USA) und Bell- 
Northern Research (Canada), wel- 
;he in Form gemeinsamer Kollo- 
Juien, Workshops und Forschungs- 
arbeiten agepfleat werden. 
Kurz und knapp 
HK-Handbuch für private Ver- 
ragsforschung: Unter dem Titel 
Vermittlung technologischer 
Dienstleistungen“ stellen die süd- 
vestdeutschen Industrie- und 
landelskammern das For- 
Chungs- und Entwicklungsange- 
ıot von fast 300 privaten Unter- 
ıehmen vor. Das Handbuch bietet 
'onkrete Informationen für alle 
Internehmen, die bei der Ent- 
wicklung neuer Produkte und Ver- 
ahren auf externe Partner ange: 
viesen sind und ist bei den Indu- 
trie- und Handelskammern er: 
ältlich.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.