Baukunst
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dem Dorfe Oberstenfeld liegt die einstige Pfarrkirche des obersten
Bottwartals, dem Petrus geweiht'). Zugleich mit dem Bau der Klo—
sterkirche wurde auch sie neugestaltet, wohl von denselben Baumeistern.
Dieses Peterskirchlein ist klein und einschiffig, mit etwas ein—
gezogenem Ostquadrat, das nach drei Seiten je in eine halbrunde kleine
Apsis endet; doch ist nur die nördlichste derselben noch nicht zerstört.
Solche Dreipaßgliederung des Chors kommt sonst im heutigen Würt—
temberg nicht vor. Das Chorquadrat mit den kleinen Apsiden war nach
dem Gesetz des kirchlichen Zentralbaus, der sogenannten Memorie, ent⸗
worfen, wie er einst auf den altchristlichen Begräbnisstätten errichtet
wurde: hier in Oberstenfeld wies wohl das in freier Landschaft vom
Friedhof umgebene Gotteshaus auf solche Anlage hin. Uber dem Chor⸗
quadrat erhebt sich der viereckige Turm; an die offene Seite des Chor⸗
vierecks ist das Langhaus der Kirche angefügt. Der vermehrten Bau—
tätigkeit dieser Zeit verdanken auch Erweiterungen älterer Stein—
kirchen ihr Entstehen, so in Kentheim und in Nagold. Man wird sie in
die Jahre des Umbaus des Aureliusmünsters in Hirsau setzen dürfen.
Kentheim im Nagoldtale südlich von Calw (ursprünglich Sankt
Kenten, dem heiligen Candidus geweiht und nach ihm benannt) war
ursprünglich der Mittelpunkt einer Pfarrei und hatte ein einschiffiges
Kirchlein, dessen Westbau damals nach Osten erweitert worden ist').
Die alte ebenfalls nur einschiffige Pfarrkirche des Dorfes Nagold
zum heiligen Remigius (heute Ober⸗- oder Gottesackerkirche) mit ihrem
dem Langhaus durch einen schönen Triumphbogen angeschlossenen
Chor erhielt einen Glockenturm an der Nordseite des Chors, der durch
eine (jetzt verschwundene) halbkreisförmige Apsis verlängert wurde').
In der Südseite von Chor und Schiff erblickt man noch zwei rund⸗
bogige Fenster, deren Offnungen gespreizt sind d. h. nach unten breiter
werden, wie dies auch an der mit den Bauten der Reichenau zusam—
menhängenden Kapelle in Goldbach (bei Überlingen) festgestellt wor—
den ist. Aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammt das ein—
schiffige Langhaus und der kräftige Westturm der Michaelskirche in
dem abgelegenen Burgfelden (Kreis Balingen), einem der höchst—
gelegenen Dörfer der Schwäbischen Alb auf dem Felsstock des Böllat').
Die Wände der Kirchen wurden gern bemalt; doch sind die Ma—
lereien fast alle zugrunde gegangen. In den deutschen Künstlern
ij Adolf Mettler, Württ. Vjsh. N. F. XXV, 1ois, S. bö ff. Christ a. a. O. S. 188, Ab—
bildungen 118, 119. — 2) Christ a. a. O. S. 182, Abbildungen 15—218. Erich J. R. Schmidt,
Kirchliche Bauten des frühen Mittelalters in Südwestdeutschland (Kataloge des Römisch—
Germanischen Zentralmuseums zu Mainz Nr. 11), 1932, S. W.
2) Die Kunst- und Altertumsdenkmäler in Württemberg, Inventar II S. 157. G. Weise:
Blätter des Schwäbischen Schwarzwaldvereins, 1920, S. 65 ff. Felix Schuster in dem Buche
wen sene Nelerle. Die Stadt Nagold, ihr Werden und Wachsen bis auf die Gegenwart,
dorift a. O. Abbildungen 91 -685.
Württ. Kirchengeschichte J. 10