Ausbruch des Investiturstreits
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die Entscheidung des Papstes anzuerkennen. Dessen Reise nach Deutsch—
land stellten sich Hindernisse entgegen, die er nicht zu überwinden ver—
mochte. Die dem König widrigen Fürsten waren über das Verhalten
Gregors bitter gestimmt; dadurch, daß Heinrich wieder in die Kirche
aufgenommen war, verloren sie den Vorwand, ihm die Treue aufzu⸗
sagen, und mußten nun ohne den Papst vorgehen. Schon um die Mitte
des Februar traten die oberdeutschen Herzöge mit den Bischöfen Adal—
bero von Würzburg, mit dem längst aus seiner Bischofsstadt vertriebe—
nen Adalbert von Worms und mit Hermann von Metz zusammen und
bestimmten einen Tag zu Forchheim in Franken, um einen Gegen—
könig zu wählen. Im März 1077 wurde daselbst einer der Aufständi—
schen, Herzog Rudolf von Schwaben, zum König erhoben, der sofort
die Gewähr freier kirchlicher Wahlen zugestand und sich dem Papsfte
zum Gehorsam bereit erklärte. Gregor und seine Legaten verhielten
sich zunächst abwartend. Heinrich IV. kehrte um Ostern nach Deutsch—
land zurück und nahm nun entschlossen den ihm aufgedrungenen Kampf
um die Krone auf: scharfen Geistes, umsichtig und rastlos, wenn auch
durch seine trüben Jugenderlebnisse zum Mißtrauen geneigt und wenig
imstande, durch entgegenkommende Liebenswürdigkeit die Gemüter
für sich zu gewinnen, hat er diesen jahrzehntelang unbeirrt und mit
zäher Tatkraft durchgehalten.
Es mußte nun Partei ergriffen werden; der Entscheidung konnte sich
keiner der Großen entziehen. In schwer zu entwirrender Weisfe ver—
schlangen sich bei der Gegnerschaft Heinrichs kirchliche und politische
Beweggründe. Am peinlichsten war die Lage der Bischöfe und Reichs—
äbte, die sich dem Papste wie dem König zum Gehorsam verpflichtet
fühlen mußten. Dem Gegenkönige hingen die Bischöfe von Würzburg
und Worms, die Herzöge Bertold (von Kärnten) und Welf von Bayern
an, von den Grafen vor allem der mächtige Adalbert von Calw, Hart—
mann von Dillingen, Manegold von Altshausen oder Veringen, der
Bruder des berühmten Hermann des Lahmen von Reichenau; auf
seiten Heinrichs IV. standen die Bischöfe Otto von Konstanz und Em⸗
briko von Augsburg, das Kloster St. Gallen, ferner Graf Friedrich von
Staufen und Markgraf Diepold von Giengen. Über die Haltung der
beiden Reichsklöster des heutigen Württemberg, Ellwangen und Buchau,
schweigen unsere Quellen. Manche der vornehmen Geschlechter waren
schmerzlich in sich gespalten. Markgraf Diepold hatte eine Tochter Her⸗
zog Bertolds zur Frau; während Graf Eberhard von Nellenburg haupt⸗
sächlich den König Heinrich beriet, hing sein Bruder Burkhard der
Gegenpartei an; Graf Otto von Buchhorn war Heinrich treu und nahm
den vor Rudolf flüchtigen Otto von Konstanz bei sich auf, sein Bruder
Markward von Bregenz befand sich auf der Seite Rudolfs; von den