Full text: Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit

Tod Wilhelms, Abt Gebhard 
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hatte, beschwor er die Anwesenden, an der Einheit der Kirche festzu— 
halten und dem Apostolischen Stuhl untertan zu sein. Er verschied am 
5. Juli 1091 und wurde unter Anwesenheit von zwei Bischöfen und 
fünf ÄÜbten in der Mitte der neuerrichteten Kirche bestattet. Der schwä— 
bische Geschichtsschreiber Bernold von St. Blasien rühmt sein Wirken 
für Hirsau und die andern Klöster, seine Begabung, seine Gelehrsam— 
keit, sein mechanisches Geschick und sein Musikverständnis und schreibt 
weiter): „Er war ein Mann von wunderbarer Heiligkeit, von heiliger 
Einfalt, von der glühendsten Liebe, Gott lebend und in Wahrheit der 
Welt gekreuzigt; ihn hat zur ewigen Heimat in hohem Alter der Herr 
abberufen, dem er selbst von Jugend auf in dieser Pilgerschaft mit un⸗ 
ermüdlicher Arbeit gedient hat.“ Daß Wilhelm mit der Einführung 
von Klosterbräuchen, wie sie romanischem Wesen entsprungen waren 
und diesem auch entsprachen, nach Deutschland etwas Wesensfremdes 
hereinbrachte und verbreitete, ist ihm offenbar nie zum Bewußtsein 
gekommen. Daß er mit seiner schroffen Bekämpfung Heinrichs IV. dem 
deutschen Reich und der deutschen Macht schweren Schaden zufügte, 
erachtete er gewiß nur als ein vorübergehendes Unglück; er glaubte, 
mit dem strengen Gehorsam gegen Rom und dem dadurch bedingten 
Handeln allein Gott zu dienen und damit der Menschheit und auch sei— 
nen Volksgenossen den größten Dienst zu erweisen. 
Als sein Nachfolger wurde nach einigen Wochen Gebhard ge— 
wählt, der dritte Sohn des Grafen Egino von Urach, des Vaterbruders 
der fünf achalmischen Brüder. Beim Heimgange Wilhelms weilte er 
gerade nicht in Hirsau; man hatte ihn nach Rom gesandt, um Reliquien 
des heiligen Petrus für das Münster zu erbitten. Er wurde zwar von 
Urban II. freundlich aufgenommen, doch konnte dieser seine Bitte nicht 
erfüllen. Auf der Heimreise erhielt er zu Cluni, wo man auf Reliquien 
keinen besonderen Wert legte, drei Haare des Apostelfürsten in einem 
silbernen Schreinchen“); während der Heimreise traf ihn die Nachricht 
von Wilhelms Tode. Am Feiertag Petri Kettenfeier, dem 1. August, 
wurde das kostbare Heiligtum in feierlichem Aufzug eingeholt und am 
selben Tage noch Gebhard zum Abt gewählt, jedenfalls nach dem Wil⸗ 
len Wilhelms und des Vogts Adalbert von Calw, welche ihn wegen 
seiner Gaben, seiner Tatkraft, wohl auch der Familienbeziehungen 
halber für den zur Nachfolge geeigneten Mann hielten. 
Gebhard war Domherr zu Straßburg gewesen und, um eine per— 
sönliche Streitsache beizulegen, einmal nach Hirsau gekommen; er trat 
damals hochmütig und mit wenig geistlichem Betragen auf, aber der 
) Bernoldi chronicon a. a. O. p. 451. Eduard Winkelmann, Die Chronik Bernolds 
von St. Blasien (Die Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit), Zweite Auflage, neu be— 
arbeitet von W. Wattenbach, 1893, S. 64 ff. 
2) Vita Winlihelmi sc. 25. Cod. Hirs. fol. 64.
	        
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