Full text: Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit

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Die Hirsauer Klosterbewegung 
Einblick in das Leben der Hirsauer Mönche, vor allem der tiefe Ein— 
druck der Persönlichkeit Wilhelms wandelten seinen Sinn und bewogen 
ihn, im Kloster zu bleiben. Wegen seines rastlosen Eifers und seiner 
umfassenden Kenntnisse stieg er hier zum Prior auf. Er war von eben—⸗ 
mäßiger, mittelgroßer Gestalt, etwas dick; infolge einer Lähmung, 
welche ihn zu Beginn seines Hirsauer Aufenthalts befallen hatte, hinkte 
er mit einem Bein. In den Wissenschaften erwies er sich wohl unter— 
richtet, auch als glänzenden Redner und als Meister in der Erledigung 
weltlicher Geschäfte). Wegen seiner Weihe verhandelte er wohl mit 
dem Diözesanbischof des Klosters, Johannes, der 1090 nach Huzmanns 
Hinscheiden den Bischofsstuhl von Speyer bestiegen hatte; aber da die— 
— 
21. März 1092 der Konstanzer Bischof Gebhard den neuen Abt. Dieser 
richtete die Klausur beim neuen Münster und beinahe alle zum nun— 
mehrigen Bau gehörigen Werkhäuser auf, wobei der Mainzer Bürger 
Wignand, der sich bereits für Comburg so wohltätig erwiesen hatte, 
die Kosten oder wenigstens deren größten Teil trug. Unter Gebhard 
siedelten die Mönche vom alten Aureliuskloster in die neuen Gebäulich— 
keiten über; er legte auch eine unterirdische Wasserleitung an und um— 
gab fast das ganze Kloster mit einem Mauerring. Das Wachstum 
Hirsaus nahm zunächst noch kräftigen Fortgang, der Besitzz stieg; ja, 
was Wilhelm geleistet hatte, wirkte sich jetzt erst recht aus'). 
Im Jahre 1090 war Herzog Bertold von Schwaben, der Sohn des 
Gegenkönigs Rudolf, gestorben und mit ihm der Mannsstamm des 
Hauses erloschen; dessen ansehnliche Güter erbte Bertolds Schwester 
Agnes, die sich mit Bertold II. von Zähringen vermählt hatte. Dieser 
wurde nun der Gegenherzog des Staufers Friedrich in Schwaben. 
Durch das rheinfeldische Erbe trat er der Abtei St. Blasien nahe, 
welche von Anfang an neben Hirsau eine eifrige Pflegestätte des stren⸗ 
gen mönchischen Lebens in Oberdeutschland gewesen war; auch Bischof 
Gebhard von Konstanz, der Bruder Herzog Bertolds II. förderte sie 
nach Kräften; 1092 weihte er die St. Nikolauskirche daselbst. In dieser 
Zeit mag ein Hochedler Anselm (wohl der Graf von Tübingen) dem 
Kloster die Kirche zu Nellingen auf den Fildern über dem Kerschtal 
(südlich von Eßlingen) zusamt deren halbem Zehnten geschenkt haben?); 
der Besitz der Abtei wurde hier so beträchtlich, daß bald eine Propstei 
daselbst errichtet wurde. Damals war Uto Abt von St. Blasien, ein 
hervorragender Mann. Wie von Hirsau wurden auch von St. Blasien 
aus neugegründete Klöster mit Mönchen beschickt, welche daselbst die 
) Cod. Hirs. fol. 66b. — 2) Otto Hafner, Regesten a. a. O. XIII S. 381 ff., S. bieff. 
8) Wirt. Urk.B. J S. 885 Nr. 304, Urk. des Papstes Innocenz II. von 1137 für St. Bla— 
sien: ecclesia Nallingin, que ab Anshalmo nobili viro cum dimidia portione decimarum 
est delegata. Dies geschah wohl noch vor der Stiftung des Klosters Blaubeuren.
	        
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