Hirsau
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Stifters von Allerheiligen in Schaffhausen, des Grafen Eberhard von
Nellenburg. Von den Begründern mit reichen Besitzungen auch auf dem
Boden des heutigen Württemberg ausgestattet, blieb es unter der Schutz⸗
vogtei der Grafen von Lauffen bis zum Aussterben des Geschlechts.
Beim Ausbruch des Streites zwischen Heinrich V. und seinem Vater
stellte sich Gebhard sofort auf seiten des aufständischen Sohnes und er—
hielt als Lohn für seine eifrigen Bemühungen im Spätherbst 1105 das
erledigte Bistum Speyer. Der Stolz der Hirsauer Mönche fühlte sich
dadurch nicht wenig gekränkt: wohl stand ein Bischof an Würde über
einem Abt, aber persönlich war man doch über Gebhard sehr ärgerlich,
weil er die bisherige so ehrenvolle Stellung für ein Bistum dahin—
gegeben hatte')). Als er auch in der neuen Würde die reiche Abtei beizu—
behalten wünschte, begegnete er entschlossenem Widerspruch: man fürch—
tete, daß der Klosterbesitz für die Zwecke des Speyrer Bischofs ver⸗
wandt, überhaupt die Stellung der Abtei gemindert werde. Rasch
wählte man noch in demselben Monat, in dem Gebhard Bischof gewor⸗
den war, am 30. November 1105, freilich gegen eine ansehnliche Min—
derheit, den Mönch Bruno, einen milden, etwas ängstlichen Mann,
vor allem weil er der Bruder eines mächtigen Schwaben, Konrads von
Beutelsbach, war, von dem man erwarten durfte, daß er mit seinen
Freunden einer etwaigen Feindseligkeit des Bischofs mit Erfolg be—
gegnen könne“). Am 26. Dezember wurde Bruno durch Bischof Richard
von Albano, der als päpstlicher Gesandter sich auf dem Weg zu Hein—
rich V. befand, als Abt ordiniert. Alle diese Maßnahmen scheinen in
Abwesenheit ebenso des neuen Bischofs wie des Vogts vorgenommen
worden zu sein, von denen sich Gebhard sicher, Graf Gottfried wahr—⸗
scheinlich bei Heinrich V. befand. Der Widerstand war offenbar gegen
beide gerichtet, und man hatte wohl auch Grund, ein Eingreifen des
jungen Königs zu fürchten, bei dem der frühere Abt nun in hoher
Bunst stand.
Es herrschte im Kloster doch eine nicht geringe Sorge, und man
suchte nach Wegen der Abwehr. Die vorhandenen Freibriefe schienen
für die Wahrung dessen, was man für das Recht des Klosters hielt,
nicht auszureichen. Die leitenden Brüder entschlossen sich, die Urkunde
Heinrichs IV. von 1075) sorgfältig zu überarbeiten und in sie alles
hineinzubringen, was zur Verteidigung gegen die Ansprüche des Bi—
schofs und des Vogts nötig schien. Jetzt mußte man nach ihrer Meinung
jegliches Mittel anwenden, um dem eigentlichen Recht zum Durch—
bruch wider ein handfestes Zugreifen der Gegner. wider übermächtige
) Cod. Hirs. fol. 66: Qui maioris dignitatis gradum adeptus minoris venerationis
habitus est à cunctis eo, duod tante estimationis vir tam honorabilem locum pro epis-
copatu relinquere non renueret. — 2) Ebenda fol. 8'a, b. 31b, 66 a, b, 67 b. Otto Hafner,
Regesten a. a. O. XIII S. b1aff. — 21 Wirt. Urk. B. IS. 276 Nr. 238.