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Schwarzwaldkreis. Oberamt Reutlingen.
Knäufen. Stil und Steinmetzzeichcn weisen in die letzte Hohenstaufenzeit. Oben liest man
an einer Scharte 1528. Ähnlich der an der Nordostseite der Stadt noch stehende Thor-
turm. Noch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts waren die Befestigungs-
Merke fast in ihrer ganzen Ausdehnung erhalten. Auf dem Katasterplan von 1820
erscheint die Stadt noch vollständig ummauert. Die Thortürme stehen mit Ausnahme
des Gerberthörleins noch sämtlich; ebenso stehen noch mehrere Türme der Haupt
mauer und mehrere runde Türme der Zwingermauer.
Der Diebs- oder Peintnrm beim Marchthaler Hof ist seit dem Jahr 1818 ab
gebrochen und dort eine Brücke über den Graben gelegt. Bis 1818 hatte die Stadt
nur 6 Ausgänge, 4 Hauptthore (unteres, oberes, Metmanns- und Gartenthor), von
denen steinerne Brücken über den 25—30 m breiten Stadtgraben führten, und
2 Nebenthore (Mühlthörlein und Gerberthörlein). Der Stadtgraben ist auf dem
Katasterplan noch ganz erhalten und mit Gärten angelegt; in der Mitte des Grabens
fließt ein Bächlein, das sich teilweise zu Seen erweitert. — Heute noch stehen von
der Stadtmauer nicht unbeträchtliche Reste, z. B. in der Jos Weißstraße, am oberen
Bollwerk, am Gartenthor, hinter dem Joh. Eisenlohrschen Haus, beim ehemaligen
unteren Bollwerk. — Nördlich der Marienkirche das alte Steinhaus mit starken
Mauern und frühgotischem Fenster. Auf dem Friedhof alte Grabplatten.
Brunnen. Der Maximiliansbrunnen auf dem Marktplatz, mit dem Standbild
des Kaisers Maximilian II. Auf dem Schild ist unter dem Doppeladler das Zeichen
des Künstlers L B (Leonhard Baumhauer) samt der Jahreszahl 1570 angebracht. Ein
anderer Brunnen desselben Meisters stand bis 1847 im Schloßhof zu Pfullingen. Der
Maximiliansbrunnen wurde um die Summe von 70 fl. im Jahr 1570 hergestellt.
Der Lindenbrunnen unweit der Marienkirche, 1544, noch gotisch, ein Ziehbrunnen
mit drei eckigen Pfeilern, die sich in Spitzsäulen endigen und zwischen sich drei halbe
Eselsrücken aussenden, die von einer großen Kreuzblume bekrönt werden. Man sieht
daran die Jahreszahl 1544 und das Zeichen des Meisters Hans Huber.
Der Kirchbrunnen südlich neben der Marienkirche, 1561, von demselben Meister,
der den Brunnen im Zwiefalter Hof in edler Renaissance anfertigte. Beim großen
Brand ging das Steinbild Kaiser Friedrichs H. zu Grunde, nun steht auf ihm ein
Obelisk, 1779. Die kapitälierte Brunnensäule ist reich verziert und trägt die Jahres
zahl 1561, am Trog fast vergangen das Zeichen des Werkmeisters Hans Motz.
Ein weiterer späterer Renaissancebrunnen bei der Nikolauskirche, auf dem korin
thischen Kapital ein Löwe mit den zwei Nentlinger Wappenschildern.
Beim Gartenthor eine geschmackvolle Brunnensäule.
Reutlingen, vielleicht nach demselben Rutilo genannt, der dem bereits 760 vor
kommenden Rentlingen-Dorf, OA. Riedlingen, in der mutmaßlichen Heimat der Achalm-
llracher, den Namen gab, erscheint erstmals um 1090 mit einem Rudolfus de Rute-
lingin, der auch in der Gegend des von den Achalmern gestifteten Klosters Zwie
falten begütert ist. Es saß also wohl in Reutlingen achalmischer Lehensadel, und
als die Grafen von Achalm schon 1098 im Mannsstamm ansstarben, kommt es mit
Achalm an die Hohenstaufen, entwickelt sich aber zur freien Reichsstadt, die 1247
den sie belagernden staufischen Gegnern mutig Widerstand leistet und zum Dank für
ihre Rettung die Marienkirche baut. Dann kommen zwar nicht wenige fremde Klöster