Full text: Jahres-Bericht der Königlichen Polytechnischen Schule Stuttgart (1868/69)

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Die Art dieser Festlichkeiten ist so bezeichnend für den Geist des Jahrhunderts, aus 
dem unser Lusthaus hervorgegangen ist, dass ich mir nicht versagen kann, die Beschreibung 
des Festes, welches hei der Vermählung Herzogs Ludwig Friedrich mit Elisabeth, Landgräfin 
von Hessen, im September 1618 statt hatte, aus den Urkunden anzuführen: 
Unter dem Schalle von Zinken und Posaunen schwamm im Gewässer eine bergige 
Insel, ein wunderharliches und meisterhaftes Werk, anzusehen wie ein schöner lustiger Garten 
mit lieblichen Blumen und köstlichen Früchten, einher. Auf einer Erhöhung sassen die 12 
Kitter der bewegenden Insel, hinter einem frischen Brünnlein der Gott des Meeres, der das 
Wasser regierte und die Insul in den gewünschten Port führte, im Rohr des Gestades — 
Tritonen. In der Nähe der fürstlichen Braut angekommen, hielt die Insel still, Neptun ver 
kündigte den Zuschauern die Ursache der Ankunft der Ritter, überreichte jenen einige Poesieen 
und fuhr wieder ah. Nun fiengen die Tritonen in einem neuen Tone zu blasen an, zu welcher 
Musik unversehens 8 ungeheure Frösche aus dem Wasser hervorhüpften, unter sich einen ganz 
wunderbar liehen und kurzweiligen Froschtanz aufführten, und mit einem zusammen koaxenden 
Geschrei, mit Aufeinandersitzen, Uehereinanderspringen, Ueherpurzeln und anderen Possen so 
lange sich blähten, bis plötzlich ein Storch, jetzt nach der Musik hüpfend, dann fliegend, er 
schien, mit seinem langen Hals und Schnabel die Frösche bald auf einen Haufen brachte, bald 
aus einander trieb und dann ins Wasser jagte. Endlich Hessen sich 10 Geigen hören, welche 
die auf altrömische Weise in weissen und leibfarbigen Doppeltaffet gekleideten Ritter aus der 
Insel hervorlockten, die nun ein Ballet tanzten. 
Natürlich war das Lusthaus nur für den Sommer berechnet; es wurden aber auch 
hie und da bis in den November hinein Feste darin gehalten. In der heissen Jahreszeit 
insbesondere (ich erinnere an die Monate Juli und August in unserem Thalkessel), sowie 
in dem herrlichen Schlossgarten mit seinen sprudelnden Fontainen fand die Gesellschaft 
die wohlthuendste Erquickung, wie es ungefähr heutzutage in den Königlichen Anlagen noch 
der Fall ist. 
Betrachten wir nun das Lusthaus näher und seine Umgebung mit dem Schlossplätze, 
wie er vor 300 Jahren aussah, als das unter Herzog Karl Eugen 1746 erbaute Königliche Schloss 
noch nicht stand. 
Hintenstehende Abbildungen geben eine Vorstellung des Baues und seiner inneren Ein 
richtung, zunächst Taf. II, Fig. 7. Im Hintergründe links sehen wir das alte Schloss mit der 
Hofküche und seinen zwei bei 80 Fuss hohen Kaminen, die erst Anfangs dieses Jahrhunderts 
abgebrochen wurden. Dem Eingänge gegenüber lag die Hofbäckerei und Hofmühle, die durch 
den in einen Mühlgraben gefassten Nesenbach zeitweise getrieben wurde.
	        
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