Volltext: Bauplatz und Werkstatt / Monats-Zeitschrift der Staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1936, Bd. 31. Heft 1/2)

NEUGESTALTUNG DER INDUSTRIEBAUTEN 
von Architekt Heinrich Osthus 3. Fortsebung 
Das Gesamtprojekt 
bestimmt die Lage 
des 1. Bauteiles. 
Neue Aufgaben 
des Betriehbsführers. 
N achdem in den vorhergehenden Abhandlungen das Vorprojekt zu der 
W. F. F. wiedergegeben worden ist und versucht wurde, die Grundlagen sowie 
die Wege, die zu diesen Plänen geführt haben, zu erklären, sollen nunmehr die 
Ausführungspläne des im Jahre 1931 erstellten 1. Bauteiles gezeigt und im Sinne 
dieser Veröffentlichungen behandelt werden. 
Wie bereits vorher dargelegt wurde, umfaßt das Vorprojekt die Gesamtplanung 
bezw. die endgültige Größe der Fabrik, aus welcher der jest zu behandelnde 
|. Bauteil entwickelt worden ist. Mit der Wiedergabe der Pläne des 1. Bauteiles 
wird die Forderung, daß dem Gestaltungswillen immer ein Ganzes vorschweben 
nuß, in aller Eindeutigkeit nachgewiesen werden können. In den Lageplänen 
Abb. 19-24 werden die Hauptbauetappen vom 1. Bauteil bis zum Vollaufbau 
wiedergegeben. Im Lageplan Abb. 19 (schwarz) ist der erste ausgeführte Bau- 
:eil im Verhältnis zum Vollausbau ersichtlich. Der 1. Bauteil stellt gewissermaßen 
einen Ausschnitt aus der Gesamtanlage dar. Mithin bestimmt das Gesamtprojekt 
auf 1 m genau die Lage des Anfangbaues. Bisher war im Fabrikbau die Gesamt- 
anlage nicht ausschlaggebend für die Pla wahl des zuerst auszuführenden Baues, 
vielmehr waren hier die typischen Gesichtspunkte der Gründerzeit maßgebend, 
nämlich die der Randbebauung entlang den Verkehrswegen. Man ging hier 
yanz richtig von den Verkehrswegen (Straßen oder Gleisanschlüssen) aus, aber 
anstatt das Ganze zu den gegebenen Verkehrsstraßen oder Bahnanschlüssen 
N Einklang zu bringen, wurde in allen Fällen nur die Programmforderung des 
gerade auszuführenden Baues, der ja nur ein Teil des Ganzen ist, berücksichtigt, 
Der 1. Bauteil hätte nach altem Verfahren unmittelbar an den Verkehrsweg ge- 
legt werden müssen, wodurch diese Gründung sich in der Folge der Bauentwick- 
‚ung als falsch erwiesen hätte. In dieser Tatsache liegen die Fehler begründet, die 
aachher eine Verbesserung oder Wiedergutmachung unmöglich werden lassen. 
Auf diesen Umstand lassen sich alle die Schwierigkeiten zurückführen, die allent- 
aalben bei Erweiterungen eintreten. Dabei ergibt sich meist, daß große Teile vor- 
ıer ausgeführter Bauanlagen wieder abgerissen werden müssen oder zum min- 
desten mit einem unverhältnismäßig hohen Kostenaufwand umzubauen sind, 
Die Schwierigkeiten, die durch falsch begonnene Bauanlagen eintreten, sind von 
iusschlaggebender Bedeutung für die Weiterentwicklung von Fabrikanlagen. 
Aeute findet man die Auswirkung solcher Fehlanlagen vor, indem derartige 
3etriebe einfach nicht mehr leistungsfähig sind. Oft tritt die wahre Ursache dabei 
ıoch nicht einmal so stark in Erscheinung, aber dem Kundigen wird es immer 
ıeicht sein, den wahren Sachverhalt zu sehen. Wenn bedacht wird, daß solcher- 
maßen ausgeführte Bauanlagen die Regel sind, so wird es ersichtlich, welche 
großen Aufgaben gerade in dieser Beziehung unseren Unternehmern bevor- 
stehen. Ein Festhalten an dem alten Kurs wird zum sicheren Ende führen. 
Aus dem Plan Abb. 19 ist ferner ersichtlich, daß ohne die Planung der Gesamt- 
größe der Anfangsbau an der mit A bezeichneten Stelle, nämlich an dem Ver- 
kehrseck begonnen worden wäre. Das Ergebnis wäre gewesen, daß sich kein 
reibungsloser Organismus, wie er in Abb. 5 vorher gezeigt worden ist, ergeben 
hätte. Die Fehlanlage wäre in dem Falle um nichts besser geworden, als das in 
Abb. 1, wo die genutgte Weglänge im Arbeitsprozeß 150 m und die ungenütte 
Weglänge 210 m beträgt, der Fall ist. Die Lage des 1. Bauteiles durfte nach keiner 
Seite verschoben werden. Ohne Kenntnis der Gesamtanlage hätte der Bauplat 
für die erste Ausführung nicht gefunden werden können.
	        
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